BGH: Allein kursiv gehaltene Widerspruchsbelehrung genügt nicht den gesetzlichen Anforderungen
Der u. a. für das Versicherungsvertragsrecht zuständige IV. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat mit Urteil vom 10. Juni 2015 seine bisherige Rechtsprechung zum Widerspruch bzw. Rücktritt von Lebens- und Rentenversicherungen bestätigt und zudem entschieden, dass eine Widerspruchsbelehrung, welche sich vom übrigen Text nur durch einen Kursivdruck unterscheide, nicht den gesetzlichen Anforderungen an eine drucktechnisch ausreichend hervorgehobene Widerspruchsbelehrung genügt.
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Die klagende Versicherungsnehmerin begehrte von dem beklagten Versicherer Rückzahlung geleisteter Versicherungsbeiträge einer fondsgebundenen Rentenversicherung. Diese wurde zum 1. September 2004 nach dem so genannten Policenmodell des § 5a VVG abgeschlossen. Nach den Feststellungen des Berufungsgerichts erhielt die Klägerin mit dem Policenbegleitschreiben eine Belehrung über das Widerspruchsrecht, den Versicherungsschein, die Versicherungsbedingungen und eine Verbraucherinformation nach § 10a des Versicherungsaufsichtsgesetzes (VAG). Am 28. Oktober 2010 erklärte die Klägerin den Widerspruch des Versicherungsvertrages, hilfsweise die Kündigung desselben. Der Versicherer akzeptierte die Kündigung und zahlte den Rückkaufswert aus. Mit der Klage verlangte die Klägerin alle auf den Vertrag geleisteten Beiträge nebst Zinsen abzüglich des bereits gezahlten Rückkaufswert.
Die Revision führt zur Aufhebung des Berufungsurteils und zur Zurückverweisung der Sache an das Berufungsgericht.
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Der IV. Zivilsenat hat einen Anspruch der Klägerin auf Prämienrückzahlung dem Grunde nach aus ungerechtfertigter Bereicherung bejaht. Der Versicherer habe die Klägerin nicht in drucktechnisch hervorgehobener Form über das Widerspruchsrecht belehrt. Die Widerspruchsbelehrung auf der Rückseite des Policenbegleitschreibens unterscheide sich von dem sonstigen auf dieser Seite befindlichen Text allein durch den Kursivdruck. Eine Akzentuierung, z.B. durch einen Abdruck in besonderer Schriftgröße, Einrahmung oder -rückung des Belehrungstextes sei unterblieben. Die Überschrift unterscheide sich nicht von den anderen Überschriften. Eine solche Belehrung genügen nicht den gesetlichen Anforderungen. Das Widerspruchsrecht der Klägerin sei aufgrund einer richtlinienkonformen Auslegung des § 5a Abs. 2 Satz 4 VVG a. F. entgegen der Auffassung des Berufungsgerichts auch nicht ein Jahr nach Zahlung der ersten Prämie erloschen. Der Höhe nach umfasse der Rückgewähranspruch nach § 812 Abs. 1 Satz 1 Alt. 1 BGB nicht uneingeschränkt alle gezahlten Prämien. Vielmehr müsse sich die Klägerin bei der bereicherungsrechtlichen Rückabwicklung den jedenfalls bis zur Kündigung des Vertrages genossenen Versicherungsschutz anrechnen lassen.
BGH, Urteil vom 10. Juni 2015 – IV ZR 272/13
Kategorie: Versicherungsrecht, 11. Juni 2015
Ansprechpartner:
- Atif Yildirim
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