OLG Hamm: Notwendigkeit einer Zustimmung der Gesellschafter für den Abschluss eines Maklervertrages
Oberlandesgericht (OLG)
Urteil vom 18.05.2020 – 18 U 57/19
Der Kläger in dem vorgenannten Rechtsstreit nahm die Beklagten auf Zahlung von Maklerprovision in Anspruch. Bei den Beklagten handelt es sich um Fondsgesellschaften zweier Schiffsfonds jeweils in Form einer GmbH & Co. KG. Die Führung der Geschäfte der beiden Gesellschaften erfolgte nicht durch ihre Komplementärinnen bzw. deren Geschäftsführer, sondern durch eine von den beiden Fondsgesellschaften beauftragte Geschäftsbesorgerin. Der Kläger war im streitgegenständlichen Zeitraum Verwaltungsratsvorsitzender und zudem Gesellschafter der beiden Beklagten.
In den Gesellschaftsverträgen war geregelt, dass der Verwaltungsrat unter anderem beratend tätig ist. Für ihre Tätigkeit erhalten die Verwaltungsratsmitglieder neben dem Ersatz der notwendigen Aufwendungen eine angemessene Tätigkeitsvergütung, die von der Gesellschafterversammlung festgesetzt wird. In den Gesellschaftsverträgen war ferner festgelegt, dass die Geschäftsführung für alle über den laufenden Geschäftsbetrieb hinausgehenden Tätigkeiten die Zustimmung der Gesellschafterversammlung einzuholen hat.
Die beiden Schiffsfonds gerieten in finanzielle Schwierigkeiten. Sie waren nicht mehr in der Lage, die zur Finanzierung ihrer Schiffe aufgenommenen Darlehen zu bedienen. Um die Kündigung und Fälligstellung der Darlehen zu vermeiden, sollte eine Umschuldung der Darlehen vorgenommen werden. Da der Kläger über Kontakte zu Banken, die unter Umständen für eine Umschuldung in Betracht kamen, verfügte, bot er dem Geschäftsführer der Geschäftsbesorgerin an, dieser gegen eine Vergütung diese Banken zu benennen und einen Kontakt herzustellen.
Letztendlich erfolgte eine Umschuldung der Darlehen. Die Beteiligung des Klägers an diesem Erfolg ist zwischen den Parteien streitig. Jedenfalls gingen die im Rahmen der außerordentlichen Gesellschafterversammlungen der Beklagten erfolgten Abstimmungen über eine Zahlung einer Vergütung an den Kläger zulasten des Klägers aus. Der Kläger machte daraufhin mit anwaltlichem Schreiben eine Provisionsforderung gegenüber den Beklagten geltend. Die Beklagten wiesen jedoch seine Ansprüche zurück. Der Kläger verfolgte diese gerichtlich.
Das LG wies die Klage vollumfänglich ab. Der Kläger ging in die Berufung.
Die Berufung hatte vor dem OLG keinen Erfolg. Nach dem Senat steht dem Kläger kein Anspruch aus § 652 BGB zu. Es fehle bereits am Abschluss eines Maklervertrages.
Eine Annahme des Angebots des Klägers zum Abschluss des Maklervertrages, die für und gegen die Beklagten wirken könnte, liege hier nicht vor. Denn der Geschäftsführer der Geschäftsbesorgerin der Beklagten habe ohne Vertretungsmacht gehandelt. Die Annahme erfolgte ohne die Zustimmung der Gesellschafter und derjenige, der ohne vertraglich vorgeschriebene Erfordernisse, z.B. einen notwendigen Gesellschafterbeschluss, handelt, vertritt die Gesellschaft ohne Vertretungsmacht. Der Abschluss des behaupteten Maklervertrages bedurfte hier der Zustimmung der Gesellschafter per Gesellschafterbeschluss.
Da die gesellschaftsvertraglichen Regelungen der beiden Beklagten keinen zweifelsfreien Aufschluss für die Einstufung des streitgegenständlichen vermeintlichen Maklergeschäftes als zustimmungsbedürftig oder nicht zustimmungsbedürftig liefern, sei auf die allgemeinen zu § 116 HGB entwickelten Grundsätze zurückzugreifen. Gewöhnliche Geschäfte sind solche, die bei einem Handelsgewerbe, wie es die konkrete Personengesellschaft betreibt, üblicherweise vorkommen. Es ist daher nicht allein maßgeblich, ob die Maßnahme dem gewöhnlichen Betrieb eines derartigen Handelsgewerbes generell entspricht. Entscheidend ist vielmehr, dass sie auch gerade nach Art und Größe des konkreten Unternehmens typisch oder üblich ist. Im Rahmen dieser konkreten Betrachtung sind als Kriterien für die Einordnung insbesondere Art und Umfang der Gesellschaft, die bisherige Entscheidungspraxis in der Gesellschaft sowie Art, Größe, Bedeutung und Risiko des Geschäfts für den konkreten Betrieb zu nennen. Dies bedeutet, dass jedenfalls alle Geschäfte, die immer wieder einmal in dem Geschäftsbetrieb der konkreten Personengesellschaft vorkommen, im Regelfall als übliche Geschäfte anzusehen sind. Umgekehrt sind ungewöhnlich solche Geschäfte, die nach Inhalt, Zweck und Umfang oder nach ihrer Bedeutung und den mit ihnen verbundenen Gefahren über den gewöhnlichen Rahmen des bisherigen Geschäftsbetriebs der Gesellschaft hinausgehen und damit Ausnahmecharakter besitzen.
Gemessen daran liege im Streitfall ein ungewöhnliches Geschäft vor, das über den gewöhnlichen Geschäftsbetrieb der Beklagten hinausgehe und der Zustimmung ihrer Gesellschafterversammlungen bedürfe. Zwar sei dem Kläger darin zu folgen, dass der Abschluss eines Maklervertrages an sich nach dessen Inhalt, Zweck und Umfang nicht generell als ungewöhnlich einzustufen ist. Jedoch sei hier zu berücksichtigen, dass der streitgegenständliche vermeintlich zwischen den Parteien abgeschlossene Vertrag derart viele Besonderheiten im Vergleich zu einem „normalen“ Maklervertrag aufweise, dass allein schon aufgrund dieser Besonderheiten nicht mehr von einem gewöhnlichen Geschäft gesprochen werden könne. So sei der Kläger nicht als „normaler“ Makler einzustufen, der als Externer von der Gesellschaft mit dem Nachweis oder der Vermittlung eines Geschäfts beauftragt worden ist. Vielmehr sei der Kläger als Gesellschafter und Verwaltungsratsmitglied der Gesellschaften für diese beratend tätig geworden. Treffe eine solche Person für einen Auftrag, der normalerweise durch externe Personen durchgeführt wird, eine gesonderte, über seine allgemeine Vergütungspflicht hinausgehende Provisionsabrede, die sodann zulasten sämtlicher Gesellschafter geht, sei dies aufgrund des Konfliktes der vorliegenden divergierenden Interessen der beiden Gesellschaften einerseits und dem privaten Provisionsinteresse des handelnden Gesellschafters andererseits nicht mehr als gewöhnliches Geschäft einzustufen. Dies gelte insbesondere auch vor dem Hintergrund der angespannten finanziellen Lage beider Gesellschaften.
Die fehlende Vertretungsmacht des Geschäftsführers der Geschäftsbesorgerin habe somit zur Folge, dass die vermeintliche Annahme des Angebots des Klägers auf Abschluss eines Maklervertrages keine Wirkung für und gegen die Beklagten entfaltet und ein Maklervertrag nicht zustande gekommen ist.
Kategorie: Gesellschaftsrecht / Handelsrecht, Maklerrecht, 18. Juni 2020
Ansprechpartner:
- Atif Yildirim
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