Bauunternehmer in Verzug: Schadensersatzanspruch verjährt in drei Jahren!
Bundesgerichtshof (BGH), Urteil vom 19.05.2022 – VII ZR 149/21
Der Bundesgerichtshof hat entschieden, dass der Anspruch auf Ersatz des infolge Verzugs eingetretenen Schadens gem. § 280 Abs. 1 und 2, § 286 Abs. 1 BGB der regelmäßigen Verjährung unterliegt. Dies bestätigt die Entscheidung vom Bundesgerichtshof, Urteil vom 07.11.2014 – V ZR 309/12. Die Verjährung des Schadensersatzanspruchs gem. § 280 Abs. 1 und 2, § 286 Abs. 1 BGB erfasst auch nachträglich eintretende Schadensfolgen, die im Zeitpunkt der Entstehung des Anspruchs als möglich voraussehbar waren.
Dem Urteil lag folgender Sachverhalt zugrunde:
Mit Bauvertrag vom 30.01.2008 verpflichtete sich ein Bauunternehmer zur schlüsselfertigen Erstellung eines Einfamilienhauses auf dem Grundstück des Bauherrn. Die Bauzeit sollte drei Monate betragen. Dieser Termin wurde durch eine Vertragsstrafe i. H. v. 45 Euro/Tag, maximal 5 % des Pauschalpreises, bewehrt. Es entstand ein Streit über die „Ordnungsgemäßheit“ der Leistung. Der Bauherr verweigerte die Abschlagszahlungen, woraufhin der Bauunternehmer die Arbeiten einstellte. Daraufhin setzte der Bauherr eine Frist zur Fertigstellung bis zum 05.09.2008. Der Bauunternehmer blieb untätig und machte die offenen Abschlagsrechnungen daraufhin in einem anderweitigen Prozess vor dem Landgericht gegen den Bauherrn geltend. Nachdem der Bauunternehmer im Januar 2009 die Arbeiten kurzzeitig wieder aufnahm und anschließende Vergleichsgespräche im Januar 2009 und 2013 scheiterten, wies das Landgericht die Klage des Bauunternehmers mit Urteil vom 14. März 2013 ab, weil die Leistungen in erheblicher Weise mangelhaft gewesen seien. Nach Abweisung dieser Klage erklärte der Bauherr im Jahre 2013 den Rücktritt vom Vertrag und zog nach Teilabriss und Neuherstellung im Juni 2015 in das Haus ein. Erst im März 2017 erhob er Klage. Er begehrte Schadensersatz für die Kosten einer Kücheneinlagerung, für Bereitstellungszinsen und entgangene Nutzung i. H. v. ca. 98.000 € und zudem eine Vertragsstrafe i. H. v. ca. 8.000 Euro.
Das Landgericht gab der Klage in Höhe von 59.087,72 € statt und wies sie im Übrigen ab. Gegen das Urteil legten beide Parteien Berufung ein. Der Bauherr verfolgte das Ziel, den Bauunternehmer zur Zahlung weiterer 107.269,01 € zu verurteilen und der Bauunternehmer verfolgte das Ziel, die vollständige Abweisung der Klage zu erreichen. Das Berufungsgericht wies durch Teilurteil die Berufung des Bauherrn zurück und wies unter teilweiser Abänderung des erstinstanzlichen Urteils die Klage des Bauherrn insgesamt ab. Mit der vom Berufungsgericht zugelassenen Revision verfolgte der Bauherr seine Klageanträge – mit Ausnahme der geltend gemachten Überzahlung im Umfang von 6.793,12 € sowie vorgerichtlicher Rechtsanwaltskosten in Höhe von 3.556,67 € – weiter.
Das Urteil des Berufungsgerichts hält der Prüfung durch den BGH stand.
Der Bauunternehmer geriet in Verzug, weil er das Einfamilienhaus nicht rechtzeitig fertigstellte. Daher stand dem Bauherrn ein Verzugsschadensersatzanspruch gem. §§ 280, 286 Abs. 1 BGB zu. Dieser Schadensersatzanspruch unterlag der regelmäßigen Verjährungsfrist von drei Jahren. Die Frist begann mit dem Ende des Jahres, in dem der Anspruch fällig wird und der Gläubiger Kenntnis von den anspruchsbegründenden Tatsachen erlangt hat oder ohne grobe Fahrlässigkeit hätte erlangen müssen. Der Bauunternehmer geriet im September 2008 in Verzug. Dies war dem Bauherrn bekannt. Ob und inwieweit der Bauherr Kenntnis von Mängeln hatte, ist unerheblich. Es genügte, dass ihm die verzögerte Fertigstellung und die hieraus resultierenden Schäden bekannt waren. Die Verjährung begann danach Ende 2008 zu laufen. Für die Verjährung kam es trotz der „fortlaufenden“ Schadenspositionen, wie die hier monatlich steigenden Einlagerungskosten für die Küche, nicht darauf an, wann der Teilschaden entstanden ist. Nach dem Grundsatz der Schadenseinheit begann die Verjährung einheitlich für den gesamten Schaden, sobald die erste Vermögenseinbuße eintrat. Der Geschädigte konnte und musste eine Feststellungsklage erheben, um die Verjährung für die erst in Zukunft entstehenden Schäden zu hemmen. Auch die Vertragsstrafe verjährte. Diese verwirkte spätestens im Jahr 2009 vollständig, so dass die Verjährungsfrist von drei Jahren spätestens am 31.12.2012 ablief.
Quelle: arge-baurecht, Urteilsbesprechungen
Kategorie: Bau- und Architektenrecht, 06. September 2022
Ansprechpartner:
- Atif Yildirim
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