Bauhandwerkersicherheit auch für Nachträge!
Oberlandesgericht München,
Beschluss vom 04.02.2022 – 9 U 5469/21
Das Oberlandesgericht München hat entschieden, dass der Auftragnehmer eines Bauvertrags vom Auftraggeber die Stellung einer Bauhandwerkersicherheit verlangen könne, auch wenn der Auftraggeber Verbraucher sei, solange kein Verbraucherbauvertrag vorliege. Der Anspruch auf Stellung einer Bauhandwerkersicherheit umfasse auch streitige Zusatzaufträge/Nachträge, wenn die Auftragserteilung und die Höhe des Vergütungsanspruchs einschließlich Nachträgen vom Auftragnehmer schlüssig dargelegt seien. Die Anforderung einer Bauhandwerkersicherheit sei nicht treuwidrig bzw. rechtsmissbräuchlich, wenn nicht zugleich der Werklohn klageweise geltend gemacht werde. Es stehe dem Auftragnehmer frei, ob er den Werklohn gleichzeitig mit der Sicherheit oder gesondert oder überhaupt nicht einklage.
Dem Beschluss lag folgender Sachverhalt zugrunde:
Der Auftragnehmer (AN) nahm den Auftraggeber (AG) auf Bauhandwerkersicherheit gem. § 650f BGB in Anspruch. Das Landgericht München I bejahte einen Anspruch des AN gegen den AG auf Stellung der beantragten Sicherheit in Höhe von 46.580,68 Euro und verurteilte den AG hierzu im Wege eines Teilurteils. Der AG legte gegen dieses Teilurteil Berufung ein, weil zum einen Nachträge zwischen den Parteien streitig seien und angeblich das Erstgericht zu Unrecht Mängelansprüche des AG bei seiner Entscheidung nicht berücksichtigt habe, obwohl diese Mängel vom AN nicht beachtlich im Sinne des § 138 Abs. 3 ZPO bestritten worden seien.
Das Oberlandesgericht weist die Berufung nach § 522 BGB zurück.
Die Regelung des § 650f BGB gelte ausdrücklich auch für Zusatzaufträge im Sinne von Nachträgen.
Die „Zusatzaufträge“ seien Vergütungsansprüche aus nachträglich vereinbarten Erweiterungen des Auftrags und solche die aus einseitigen Leistungsänderungen des Bestellers gem. § 650b Abs. 2 BGB resultieren. Der Anspruch aus § 650f BGB gelte auch für streitige Forderungen, insbesondere auch für streitige Zusatzaufträge/Nachträge, wenn dieser Anspruch vom Unternehmer schlüssig dargelegt werde. Dies werde mit Wortlaut und Zweck der gesetzlichen Regelung der Bauhandwerkersicherung begründet, dass nämlich in gerichtlichen Auseinandersetzungen die schnell durchsetzbare Möglichkeit der Sicherungserlangung gegeben sei und deshalb lediglich eine Schlüssigkeitsprüfung ohne Beweisaufnahme stattfinde. Der Sicherungsanspruch des Unternehmers solle nicht gefährdet werden. An den Sachvortrag zur Stellung einer Bauhandwerkersicherung gem. § 650f BGB dürfen keine überspannten Anforderungen gestellt werden. Es reiche aus, wenn die Auftragserteilung und die Höhe des Vergütungsanspruchs schlüssig dargelegt seien. Nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs (IBR 2021, 443) sei eine schlüssige Darlegung der tatsächlichen Voraussetzungen des Vergütungsanspruchs erforderlich, aber auch ausreichend und ein Streit über die tatsächlichen Voraussetzungen der Berechnung des Vergütungsanspruchs im Prozess auf Stellung einer Sicherheit nicht zuzulassen.
Kategorie: Bau- und Architektenrecht, 17. Mai 2023
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