Bedenkenanzeige gegenüber einem – mit der Bauträgerin in einem Arbeitsverhältnis stehenden – Bauleiter ist ausreichend

Bedenkenanzeige gegenüber einem – mit der Bauträgerin in einem Arbeitsverhältnis stehenden – Bauleiter ist ausreichend


Oberlandesgericht (OLG) Köln, Beschluss vom 05.10.2021 – 16 U 55/21

Das OLG Köln hat entschieden, dass der Grundsatz, dass für den Fall, in dem der Bauleiter sich vorgetragenen Bedenken verschließt, der Auftraggeber selbst informiert werden muss, nur in denjenigen Fällen gilt, in denen der Bauleiter außerhalb der Sphäre des Bauherrn steht, insbesondere weil er mit dem Bauherrn durch einen Werkvertrag verbunden ist. In der Konstellation, in der der Bauleiter in einem Arbeitsverhältnis mit dem Bauherrn steht, ist der Bedenkhinweis jedoch bereits unmittelbar in die Sphäre des Bauherrn gelangt und die diesen Hinweis missachtende Anweisung des Bauleiters stammt somit ebenfalls aus der Bauherren-Sphäre.

Dem Urteil lag folgender Sachverhalt zugrunde:

Die Klägerin errichtete 2013/2014 als Bauträgerin drei Häuser. Sie beauftragte einen Architekten – Beklagte zu 1) – mit der Planung der Treppenhäuser und einen Unternehmer – Beklagte zu 2) – mit der Verlegung der Natursteinplatten. Von den Parteien wurde die VOB/B vereinbart.

Ein Sachverständiger stellte (im Rahmen eines durch die Klägerin geführten selbstständigen Beweisverfahrens) fest, dass in allen Treppenläufen jeweils vier bis fünf Treppenstufen eine zu geringe Auftrittsbreite aufweisen und dass diese Unterschreitung bereits in der Ausführungsplanung angelegt sei. Diese technische Mangelhaftigkeit stelle sich als Ausführungs-, Planungs- und Bauleitungsfehler dar. Die Kosten der Mangelbeseitigung belaufen sich auf € 25.000, – netto je Treppenhaus (insgesamt auf rund € 90.000, – brutto).

Die Klägerin nimmt die Beklagten auf Kostenvorschuss für die Mangelbeseitigung in Anspruch. Die Beklagte zu 2) hält dem entgegen, sie habe gegenüber der Bauleitung der Klägerin eine mündliche Bedenkanzeige hinsichtlich der zu geringen Auftrittsbreite der Treppenstufen erstattet. Diese habe die Beklagte dennoch angewiesen, ihre Leistung zu erbringen. Damit überwiege der Verursachungsbeitrag der Klägerin und eine Haftung der Beklagten scheide aus.

Das erstinstanzliche Landgericht (LG) Köln hat die Vorschussklage der Klägerin abgewiesen. Hiergegen richtet sich die Berufung der Klägerin. Die Klägerin rügt insbesondere, das Landgericht habe die rechtlichen Grundsätze über den Bedenkhinweis verkannt. Ohne Erfolg.

Nach Auffassung des OLG Köln stehe der Klägerin – wie von der Vorinstanz richtigerweise entschieden – kein Anspruch gegen die beiden Beklagten gemäß §§ 634 Nummer 2, 638 BGB in Verbindung mit § 13 VOB/B auf Kostenvorschuss in Höhe von rund € 90.000,- zu. Der o.g. Einwand der Klägerin sei haltlos. Die Beklagte zu 2) habe bewiesen, dass sie dem als Bauleiter angestellten Mitarbeiter der Klägerin einen mündlichen Bedenkhinweis erteilte und dieser sie zur Fortsetzung der Arbeiten anwies. Auch wenn der Bauleiter den Bedenkhinweis missachtet, müsse der Unternehmer sich nicht zusätzlich direkt an den Bauherren wenden. Der Bauleiter sei grundsätzlich richtiger Adressat des mündlichen Bedenkhinweises. Die Beklagte zu 2) durfte sich daher auf seine Anweisungen verlassen. Zwar sei anerkannt, dass für den Fall, in dem der Bauleiter sich vorgetragenen Bedenken verschließt, der Auftraggeber selbst informiert werden müsse. Dieser Grundsatz gelte jedoch nur in denjenigen Fällen, in denen der Bauleiter außerhalb der Sphäre des Bauherrn steht, insbesondere weil er mit dem Bauherrn durch einen Werkvertrag verbunden ist. Erfasst sei jedoch nicht die Konstellation, in welcher der Bauleiter insoweit der Sphäre des Bauherrn angehört, als er zu diesem in einem Arbeitsverhältnis steht. In ebendieser Konstellation sei der Bedenkhinweis bereits unmittelbar in die Sphäre des Bauherrn gelangt und die diesen Hinweis missachtende Anweisung des Bauleiters stamme ebenfalls aus der Bauherren-Sphäre. Es gebe daher keinen Anlass, die Klägerin als Bauherrin vor einer Untätigkeit des von ihr betriebsintern mit den Aufgaben der Bauleitung betrauten Mitarbeiters zu schützen. Der Hinweis der Beklagten zu 2) sei daher eindeutig und befreie die Beklagten von ihrer Haftung.

Kategorie: Bau- und Architektenrecht, 04. Juli 2022



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