Bewertung optischer Mängel

Bewertung optischer Mängel


Oberlandesgericht Celle,

Urteil vom 15.02.2023 – 14 U 166/21

Das Oberlandesgericht Celle hat entschieden, dass bei der Bewertung optischer Mängel zu differenzieren sei, wie stark sich die optische Beeinträchtigung im Gesamteindruck der Anlage auswirke. Die vollständige Neuherstellung einer gepflasterten Hofeinfahrt stelle sich dann als unverhältnismäßig dar, wenn es allein um die Herstellung eines einheitlichen geraden Fugenverlaufes einer Fläche gehe, die insbesondere für das Parken und Rangieren von Fahrzeugen genutzt werde. Ein entschädigungspflichtiger Minderwert bestehe bei einer messbaren wirtschaftlichen Einbuße.

Die Berufung der Kläger hat keinen Erfolg.

Es bestehe kein Anspruch auf Zahlung von Schadensersatz. Die Beklagten haben durch die Zahlung der Teilneupflasterung der beschädigten Fläche die begründeten Ansprüche der Kläger bereits befriedigt. Eine erneute vollständige Wiederherstellung der gesamten Hoffläche, um ein einheitliches Fugenbild zu erreichen, sei nicht geschuldet. Dies sei unverhältnismäßig. Das verbleibende teilweise uneinheitliche Fugenbild stelle eine nur noch geringe kaum wahrnehmbare optische Beeinträchtigung dar. Ein auszugleichender Minderwert entstehe dadurch nicht. Unverhältnismäßigkeit im Sinne des § 251 Abs. 2 Satz 1 BGB liege dann vor, wenn der mit der Nachbesserung erzielte Erfolg bei Abwägung aller Umstände des Einzelfalles in keinem vernünftigen Verhältnis zur Höhe des dafür erforderlichen Geldaufwandes stehe. Eine komplette Neupflasterung der Hofeinfahrt um ein einheitliches Fugenbild zu erhalten sei unverhältnismäßig, da es sich nur um einen optischen Mangel handele, der den bestimmungsgemäßen Gebrauch nicht beeinträchtigt. Dem objektiv geringen Interesse der Kläger an einem geraden Fugenverlauf stehe der ganz erhebliche – und deshalb unangemessene – Aufwand des Schädigers gegenüber, die gesamte Hoffläche vom alten Pflaster zu befreien und sodann vollständig neu zu pflastern.

Im Einzelfall sei zu differenzieren, wie stark sich die optische Beeinträchtigung im Gesamteindruck der jeweiligen Anlage auswirke. Es handele sich um eine Hoffläche, die dem Parken und Rangieren von Fahrzeugen diene. Das nicht einheitliche Fugenbild habe keine Auswirkung auf den optischen Gesamteindruck der Hofanlage. Die nicht ganz gradlinigen Fugen, die auch nur in einem Teilbereich der Pflasterung bestehen, seien vielmehr auf größeren Übersichtsbildern nicht wahrnehmbar. Bei einer bestimmungsgemäßen Benutzung der Hoffläche im Alltag mit parkenden und rangierenden Fahrzeugen trete das uneinheitliche Fugenbild im optischen Gesamteindruck soweit zurück, dass es für einen unbefangenen Betrachter nicht mehr wahrnehmbar sei und schon gar nicht zu einer optischen Beeinträchtigung der Anlage führe. Es seien an die Hofanlage keine besonderen Anforderungen an die Ästhetik der Hoffläche zu stellen. Es bestehe auch kein Anspruch auf eine Zahlung gem. § 251 Abs. 2 Satz 1 BGB. Die Entschädigungspflicht richte sich nicht auf das Integritätsinteresse und ist nach den Herstellungskosten zu bemessen, sondern auf Ersatz des Wertinteresses. Zu ersetzen sei im Fall der Unverhältnismäßigkeit die Differenz zwischen dem Wert des Vermögens, wie es sich ohne das schädigende Ereignis darstellen würde und dem durch das schädigende Ereignis verminderten Wert. Ein solcher Minderwert bestehe nicht. Es liege keine messbare wirtschaftliche Einbuße vor. Die Pflasterfläche stelle keinen Wertanteil an dem streitgegenständlichen Objekt dar.

 

 

Kategorie: Bau- und Architektenrecht, 22. März 2023

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