BGH: Bei Flugannullierung wegen Streiks an Passagierkontrollen steht den Fluggästen ein Anspruch auf Ausgleichszahlung zu

BGH: Bei Flugannullierung wegen Streiks an Passagierkontrollen steht den Fluggästen ein Anspruch auf Ausgleichszahlung zu


Bundesgerichtshof (BGH)
Urteil vom 4. September 2018 – X ZR 111/17

Der für das Reiserecht zuständige X. Zivilsenats des BGH hat entschieden, dass den Passagieren eines annullierten Flugs auch dann ein Anspruch auf Ausgleichszahlung zustehen kann, wenn die Passagierkontrollen am Startflughafen bestreikt wurden und deshalb nicht gewährleistet war, dass alle Passagiere den Flug erreichen konnten.

Der Kläger und seine Ehefrau verklagten ein Luftverkehrsunternehmen, bei welchem sie im Jahr 2015 einen Flug gebucht hatten. Der Flug musste von der Beklagten annulliert werden und das Flugzeug ohne Passagiere zum Zielort überführt werden, da am Tag des Fluges die Passagierkontrollen am Abflugflughafen bestreikt wurden.

Der Kläger begehrte unter anderem Ausgleichszahlungen nach der Fluggastrechteverordnung.

Die Klage hatte in den Vorinstanzen keinen Erfolg. Das Berufungsgericht nahm an, die Annullierung sei auf außergewöhnliche Umstände zurückgegangen. Von den massiven Störungen im Bereich vor den Kontrollstellen seien auch zahlreiche Passagiere des hier streitgegenständlichen Flugs betroffen gewesen, die nicht (rechtzeitig) hätten kontrolliert werden können. Außerdem habe ein Sicherheitsrisiko bestanden. Der wachsende Andrang an den geöffneten Kontrollpunkten habe die Gefahr begründet, dass die Passagierkontrollen nicht mit der gewöhnlichen Sorgfalt durchgeführt würden.

Auf die Revision des Klägers hob der BGH das Berufungsurteil auf und wies die Sache zu neuer Verhandlung und Entscheidung zurück, da das Berufungsgericht weitere Feststellungen zu treffen hat.

In seinem Urteil führte der BGH zudem aus, dass ein Ausstand der Beschäftigten der Passagierkontrollstellen zwar grundsätzlich geeignet sei, außergewöhnliche Umstände zu begründen, die ein Luftverkehrsunternehmen von der Verpflichtung zur Leistung einer Ausgleichszahlung an die von der Annullierung betroffenen Fluggäste befreien können. Dies setze nach der Fluggastrechteverordnung jedoch voraus, dass sich die Folgen des Ausstands nicht mit zumutbaren Maßnahmen abwenden lassen würden und zu der Absage des Fluges führen würden.

Die Beklagte sei in dem konkreten Fall nicht allein deshalb zur Annullierung gezwungen gewesen, weil zahlreiche Passagiere des gebuchten Flugs die Sicherheitskontrollen nicht rechtzeitig haben passieren können. Dass streikbedingt kein einziger Fluggast den Flug zum vorgesehenen Zeitpunkt hätte wahrnehmen können, habe das Berufungsgericht nicht festgestellt.

Die Annullierung sei auch nicht deswegen auf außergewöhnliche Umstände zurückgegangen, weil die abstrakte Gefahr bestanden habe, dass die Überprüfung der Fluggäste wegen des starken Andrangs auf nur wenige Kontrollstellen nicht mit der gebotenen Sorgfalt durchgeführt worden sein könnte. Die Kontrolle der Fluggäste und ihres Gepäcks auf Gefahren für die Sicherheit des Flugverkehrs sei Sache der zuständigen Luftsicherheitsbehörde und der zur Wahrnehmung ihrer Aufgaben bestellten Personen. Jedenfalls ohne tatsächliche Anhaltspunkte für ein konkretes Sicherheitsrisiko könne ein Luftverkehrsunternehmen die Annullierung eines Flugs daher nicht mit Sicherheitsbedenken rechtfertigen.

Kategorie: Flugrecht, 06. September 2018



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