BGH: Kein Anspruch des Mieters auf Maklerkosten gegen den ehemaligen Vermieter

BGH: Kein Anspruch des Mieters auf Maklerkosten gegen den ehemaligen Vermieter


Bundesgerichtshof (BGH)
Urteile vom 09.12.2020 – VIII ZR 238/18 und VIII ZR 371/18

Der BGH hat in zwei Verfahren entschieden, dass Mieter, die aufgrund einer Pflichtverletzung des Vermieters aus der Wohnung ausziehen und, anstatt eine neue Mietwohnung zu beziehen, Wohnungs- oder Hauseigentum erwerben, die in diesem Zusammenhang entstandenen Maklerkosten nicht als Schadensersatz vom Vermieter ersetzt verlangen können.

Den Entscheidungen des BGH lagen folgende Sachverhalte zugrunde:

In dem Verfahren VIII ZR 238/18 kündigte der Vermieter dem Mieter wegen Eigenbedarfs. Der Vermieter erhob Räumungsklage gegen den Mieter. Während des Berufungsverfahrens kaufte der Mieter unter Einschaltung eines Maklers eine Eigentumswohnung. Die Maklerkosten beliefen sich auf rund 30.000,00 €. Das Berufungsverfahren endete mit einem Räumungsvergleich, woraufhin der Mieter aus der Wohnung auszog. In der Folgezeit realisierte der Vermieter den behaupteten Eigenbedarf nicht. Der Mieter nahm seinen ehemaligen Vermieter auf Schadensersatz in Gestalt der Maklerkosten in Anspruch. Der Mieter behauptete, der Eigenbedarf sei vorgetäuscht gewesen.

Das zuständige Berufungsgericht sprach dem Kläger den Schadensersatzanspruch zu. Dem Mieter stünde ein Schadensersatzanspruch nach § 280 Abs. 1 BGB wegen der Verletzung der nachvertraglichen Treuepflicht gegen den Vermieter zu. Denn der Vermieter sei nicht nur bis zum Ablauf der Kündigungsfrist, sondern darüber hinaus bis zum Ablauf der im Vergleich vereinbarten Räumungsfrist verpflichtet gewesen, dem Mieter über den nachträglichen Wegfall des Eigenbedarfs zu informieren. Nach der Auffassung der zuständigen Kammer des Landgerichts zählen die Maklerkosten zu den erstattungsfähigen Kosten.

In dem Verfahren VIII ZR 371/18 verlangte der Mieter widerklagend Schadensersatz von seinem Vermieter. Das Mietverhältnis war durch diverse Streitigkeiten belastet und endete aufgrund einer fristlosen Kündigung des Mieters. Der Kündigung ging ein unerlaubtes Betreten des Balkons der Mietwohnung durch den Vermieter bzw. einen von ihm beauftragten Handwerker voraus. Der Mieter kaufte noch vor Auszug aus der Mietwohnung ein Einfamilienhaus, welches 250 km von der Mietwohnung entfernt lag. Der erfolglosen Widerklage lag u. a. die Schadensersatzforderung für die Maklerkosten zugrunde. Bis das Einfamilienhaus bezugsfertig wurde, bezog der Mieter eine Übergangswohnung.

In der Berufungsinstanz entschied das zuständige Gericht, dass zwar grundsätzlich ein Anspruch auf Schadensersatz bei kausalen Pflichtverletzungen bestehe. Jedoch seien die geltend gemachten Schäden nicht ersatzfähig. Die Maklerkosten stellen keinen ersatzfähigen Schaden dar, weil der Mieter seinen Lebensmittelpunkt verlagert habe und es sich weder um vergleichbaren noch um angemessenen Ersatzwohnraum handele.

Der VIII. Zivilsenat des BGH entschied, dass Maklerkosten, die zum Erwerb von Eigentum aufgewendet werden, keinen erstattungsfähigen Schaden darstellen. Die Schadensersatzpflicht eines pflichtwidrig handelnden Vermieters umfasse nicht die Maklerkosten, die aufgrund eines Eigentumserwerbs anfallen. Vielmehr seien die aufgewandten Maklerkosten nicht mehr vom Schutzzweck einer etwaigen Pflichtverletzung der Vermieter umfasst. Die vertragliche Haftung bestehe nur für diejenigen äquivalenten und adäquaten Schadensfolgen, zu deren Abwendung die verletzte Vertragspflicht übernommen worden sei.

Die Schäden müssten in einem inneren Zusammenhang mit dem (verletzten) Gebrauchserhaltungsinteresse der Mieter stehen. Dies sei bei Maklerkosten nicht der Fall.

Schließlich führen die zum Eigentumserwerb aufgewendeten Maklerkosten nicht lediglich zu einem Ausgleich des Besitzverlusts an der bisherigen Wohnung. Vielmehr würden die Mieter eine von ihrer bisherigen Stellung als Mieter abweichende Stellung als Eigentümer einnehmen. Hierdurch ändere sich ihr Besitzrecht an der Wohnung, da sie durch den Eigentumserwerb eine uneingeschränkte und eigenverantwortliche Nutzungs- und Verfügungsbefugnis (§ 903 BGB) erlangen. Zudem unterliegen die Eigentumserwerber keiner vertraglichen Bindung mehr.

Ferner bestehe kein zeitlich begrenztes (Nutzungs-)Recht, das dem Mietvertrag wiederum immanent sei. Bei einem Mietvertrag stehe dem Mieter lediglich ein Anspruch auf Gebrauchsüberlassung auf Zeit zu. Bei Abschluss eines Mietvertrages verfolge der Mieter sein Interesse an der Erlangung eines zeitlich begrenzten Gebrauchsrechts. Bei dem Erwerb einer Wohnung oder eines Hauses werde hingegen ein anderes Interesse zur Deckung seines Wohnbedarfs bedient. Das Mieterinteresse hinsichtlich der zeitlichen Beschränkung sei auch zu berücksichtigen, wenn es um die Bestimmung der Ersatzfähigkeit von Schäden des Mieters gehe.

Im Verfahren VIII ZR 238/18 hob der BGH hervor, dass eine Pflichtverletzung der Vermieterin nicht rechtsfehlerfrei festgestellt wurde. Zwar handele ein Vermieter pflichtwidrig und sei dem Mieter zum Schadensersatz verpflichtet, wenn er eine Kündigung des Mietvertrags schuldhaft auf einen in Wahrheit nicht bestehenden Eigenbedarf stütze oder er den Mieter nicht über einen späteren Wegfall des geltend gemachten Eigenbedarfs informiere. Diese Hinweispflicht bestehe jedoch nur bis zum Ablauf der Kündigungsfrist und nicht – wie vom Berufungsgericht angenommen – bis zum Ablauf der im Vergleich vereinbarten Räumungsfrist.

Kategorie: Gewerbliches Miet- und Wohnraummietrecht, 05. Januar 2021



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