BGH: Richtiger Gegner bei Widerruf von verbundenen Geschäften – hier Widerruf einer Beteiligung an einem Immobilienfonds

BGH: Richtiger Gegner bei Widerruf von verbundenen Geschäften – hier Widerruf einer Beteiligung an einem Immobilienfonds


Bundesgerichtshof (BGH)
Urteil vom 04. April 2017 – II ZR 179/16

Mit Urteil vom 04. April 2017 (Aktenzeichen: II ZR 179/16) hat der II. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs entschieden, dass die Überleitungsvorschrift Art. 229 § 9 Abs. 1 EGBGB als speziellere Regelung die Überleitungsvorschrift Art. 229 § 5 S. 2 EGBGB bzgl. § 358 BGB nur dann verdrängt, soweit § 358 BGB durch das Gesetz zur Änderung des Rechts der Vertretung durch Rechtsanwälte vor den Oberlandesgerichten (OLGVertrÄndG) vom 23.7.2002 geändert worden ist.

Im Jahr 1998 beteiligte sich der Kläger über einen Treuhandvertrag mit der C-GmbH mit 150.000 DM an der Beklagten, einem Immobilienfonds in Form einer GbR. Seine Einlageverpflichtung finanzierte er durch ein bei der G-Bank aufgenommenes Darlehen. Im Oktober 2011 widerrief der Kläger gegenüber der Treuhänderin und der Beklagten seine Beteiligungserklärung.

Der Kläger nahm die Beklagte im Wege der Stufenklage auf Auskunft über die Höhe seines Abfindungsguthabens in Anspruch. Dabei stützte er sich auf den Widerruf seiner Beteiligungserklärung nach dem Haustürwiderrufsgesetz.

Das LG Chemnitz verurteilte die Beklagte durch Teilurteil zur Auskunft. Das OLG Dresden wies die Berufung der Beklagten zurück. Auf die Rechtsmittel der Beklagten hob der BGH das Urteil des OLG und wies die Klage in vollem Umfang durch Endurteil ab.

Der BGH stellte fest, dass die Beklagte nicht passivlegitimiert ist. Dies folgt daraus, dass die Rückabwicklung der Verträge nach dem Widerruf des Klägers und die von ihm hierfür begehrte Auskunft allein im Verhältnis zwischen dem Kläger und der Darlehensgeberin, hier die G-Bank, zu erfolgen hat.

Auf die Rückabwicklung der kreditfinanzierten Fondsbeteiligung des Klägers ist über Art. 229 § 5 S. 2 EGBGB die Verbundregelung des § 358 Abs. 4 S. 3 BGB a.F. anzuwenden. Nach der Überleitungsvorschrift des Art. 229 § 5 S. 2 EGBGB sind auf Dauerschuldverhältnisse, auch wenn sie vor dem Jahr 2002 begründet wurden, ab Januar 2003 die Regelungen des BGB in der dann geltenden Fassung anzuwenden.  Der Anwendung von § 358 Abs. 4 S. 3 BGB a.F. steht die Überleitungsvorschrift Art. 229 § 9 EGBGB nicht entgegen, wonach § 358 BGB in der Fassung vom 01.08.2002 nur auf die Rückabwicklung von Haustürgeschäften anzuwenden ist, die nach diesem Datum abgeschlossen wurden.

Zwar ist Art. 229 § 9 EGBGB für die dort genannten Vorschriften (auch bzgl. § 358 BGB) lex specialis zu Art. 229 § 5 S. 2 EGBGB. Das gilt jedoch nur, soweit das OLGVertrÄndG die genannten Vorschriften auch geändert hat. Art. 229 § 9 EGBGB soll sicherstellen, dass die durch das OLGVertrÄndG geschaffenen inhaltlichen Änderungen für Verbraucherverträge auf vor dem Inkrafttreten des Gesetzes am 1.8.2002 entstandene Schuldverhältnisse grundsätzlich keine Anwendung finden, damit ein langfristiges Nebeneinander von „altem“ und „neuem“ Schuldrecht vermieden wird.

Die hier maßgeblichen Regelungen des § 358 Abs. 1 und Abs. 4 S. 3 BGB a.F. haben durch das OLGVertrÄndG jedoch keine Änderung erfahren, sodass Art. 229 § 9 EGBGB nicht vorgeht und die Anwendung des § 358 Abs. 1 und Abs. 4 S. 3 BGB a.F. unberührt lässt.

Nach § 358 Abs. 4 S. 3 BGB a.F. erfolgt die Rückabwicklung des Verbundgeschäfts, wenn die Darlehensvaluta – wie hier – dem Unternehmer bereits zugeflossen ist, sowohl bei Widerruf des Darlehensvertrages als auch bei Widerruf des finanzierten Geschäfts ausschließlich im Verhältnis zwischen dem Verbraucher und dem Darlehensgeber. Der Darlehensgeber tritt kraft Gesetzes an die Stelle des Unternehmers als Gläubiger und Schuldner des Verbrauchers in das Abwicklungsverhältnis ein. Infolge dieses gesetzlichen Schuldnerwechsels hat der Verbraucher nicht die Wahl, anstelle der Abwicklung mit dem Darlehensgeber direkt den Unternehmer (hier: die Beklagte) auf Rückabwicklung des finanzierten Geschäfts in Anspruch zu nehmen Da dem Kläger dann keinen (Rückabwicklungs-)Anspruch gegen die Beklagte auf Auszahlung seines Abfindungsguthabens zusteht, kann er sie auch nicht auf Auskunft über die Höhe dieses Guthabens in Anspruch nehmen.

Kategorie: Anlageberatung, Bank- und Kapitalmarktrecht, Prospekthaftung, Widerruf Verbraucherdarlehen, 23. Mai 2017



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