EuGH- Architektenverträge widerrufbar!
Europäischer Gerichtshof (EuGH)
Urteil vom 14.05.2020 – Rs. C-208/19
Der EuGH entschied, dass Verbraucher ihren Auftrag über eine reine Architektenplanung frei widerrufen können, wenn der Vertrag außerhalb eines Architektenbüros geschlossen und der Verbraucher nicht über sein Widerrufsrecht belehrt wurde. Es liege weder ein Vertrag über die Lieferung von individuell zugeschnittener Ware noch ein Vertrag „zum Bau eines neuen Gebäudes“ vor.
Der EuGH wurde in dem Rechtsstreit eines Architekten gegen ein Ehepaar aus Österreich angerufen. In dem Verfahren begehrte der Architekt die Zahlung seines Honorars für die Planung eines Einfamilienhauses. Der Architekt wurde außerhalb seiner Geschäftsräume mit der Planung beauftragt. Die Beklagten waren unzufrieden; sie beendeten das Vertragsverhältnis und widerriefen den Planungsauftrag. Als Begründung gaben sie an, dass ihnen als Verbraucher ein Widerrufsrecht zustehe. Über das Widerrufsrecht seien sie aber nicht belehrt worden. Es käme zudem keine der Ausnahmeregelungen des Widerrufsrechts in Betracht: Bei dem Architekten-Planungsvertrag handele es sich weder um einen Vertrag über den Bau eines neuen Gebäudes noch um die Lieferung von individuell zugeschnittenen Waren.
Der EuGH entschied, dass der Widerruf eines Planungsauftrages zulässig sei. Eine Ausnahme, wonach der Vertrag nicht widerrufen werden könne, bestehe nicht. Insbesondere sei der „Nur-Planungs-Auftrag“ kein Vertrag über den Bau eines neuen Gebäudes oder über die Lieferung von individuellen Waren, die nach Kundenspezifikation angefertigt oder auf die persönlichen Bedürfnisse des Bestellers zugeschnitten seien. Die Planung eines Architekten sei keine „Warenlieferung“, da kein beweglicher körperlicher Gegenstand vorliege. Vielmehr sei eine Architektenplanung eine geistige Leistung. Die Verkörperung der geistigen Leistung in digitaler Form oder in Papierform sei unerheblich.
Der EuGH betonte das gewollte hohe Verbraucherschutzniveau der Union. Die Ausnahmeregelungen der in dem hiesigen Fall in Betracht kommenden Richtlinie 2011/83/EU seien somit eng auszulegen.
Die österreichische Rechtslage entspricht derjenigen in Deutschland. Auch hier sind die Architekten verpflichtet, beim Abschluss eines Vertrages mit einem Verbraucher außerhalb ihrer Geschäftsräume eine ordnungsgemäße Widerrufsbelehrung zu erteilen. Sollten Sie als Verbraucher in einer solchen Konstellation über Ihr Widerrufsrecht nicht belehrt worden sein, wenden Sie sich an uns. Wir überprüfen gerne die Rechtslage für Sie. Für alle Belehrungspflichtigen bieten wir Überprüfung der von ihnen ausgehändigten Widerrufsbelehrungen sowie Gestaltung einer den aktuellen Gesetzesanforderungen entsprechenden Wideruffsbelehrung an.
Kategorie: Bau- und Architektenrecht, 25. September 2020
Ansprechpartner:
- Atif Yildirim
zurück