Kein Leistungsverweigerungsrecht nach Kündigung!

Kein Leistungsverweigerungsrecht nach Kündigung!


Oberlandesgericht Naumburg,

Urt. v. 29.12.2022, Az.: 2 U 21/22

Das Oberlandesgericht Naumburg hat entschieden, dass der Besteller gegen den Werkunternehmer aus keinem rechtlichen Gesichtspunkt ein (vorübergehendes) Leistungsverweigerungsrecht im Hinblick auf die Werklohnforderung aus dessen Schlussrechnung über erbrachte Teilleistungen habe, wenn er selbst das Vertragsverhältnis vorzeitig, d.h. vor endgültiger Fertigstellung und Abnahme des Werks, gekündigt habe. Der Unternehmer trage auch im Rahmen des Abwicklungsverhältnisses nach vorzeitiger Kündigung des Bestellers die Darlegungs- und gegebenenfalls die Beweislast für die Mangelfreiheit der erbrachten Teilleistungen. Die Aufwendungen durch die Hinzuziehung eines privaten Sachverständigen zur Bautenstandsfeststellung würden deswegen der Erfüllung eigener Vertragspflichten dienen. Eine Allgemeine Geschäftsbedingung in einem Bauvertrag, wonach der Besteller eine Vorauszahlung des Werklohns im Umfang von 80 % auf ein Anderkonto zu leisten habe, sei unwirksam.

Dem Urteil lag folgender Sachverhalt zu Grunde:

Die privaten Besteller (AG) beauftragten den Unternehmer (AN) mit dem Bau eines Fertighauses. Von der Vergütung i.H.v. 260.492 Euro wurden 20% ausgezahlt und 80% vertragsgemäß auf ein Anderkonto gezahlt. Das Vorliegen von Mängeln ist streitig. Der AN forderte vergeblich zur Abnahme auf. Er lag eine Schlussrechnung vor, in der er u. a. Abzüge für Restarbeiten und Mängel berücksichtigte. Der AG verweigerte die Zahlung und forderte unter Fristsetzung, einen abnahmefähigen und mangelfreien Zustand zu bewirken. Er kündigte den Vertrag nach Fristablauf und erklärte, die ausstehenden Leistungen von Drittunternehmen ausführen zu lassen und sie dem AN in Rechnung zu stellen. Klageweise verlangte der AN die Freigabe des hinterlegten Restbetrags und u. a. Zahlung von Sachverständigenkosten einer Zustandsfeststellung. Der AG erhob Widerklage auf Freigabe des hinterlegten Betrags.

Das Landgericht wies die Klage ab und verurteilte den AN. Der Werklohn sei mangels Abnahme bzw. Abnahmereife nicht fällig. Die Widerklage sei begründet, da die Pflicht zur Zahlung auf das Anderkonto unwirksam sei. Der AN ging in Berufung. Das OLG verwies die Sache zur erneuten Beweisaufnahme ans Landgericht zurück.

Der Werklohn sei fällig, da der AG keine auf die Erfüllung des Vertrags gerichteten Leistungen mehr entgegennehmen wolle. Damit sei ein Abrechnungsverhältnis eingetreten. Die Kündigungserklärung stünde einer endgültigen Erfüllungsverweigerung gleich. Der AG habe deshalb seinen Erfüllungsanspruch verloren; ihm stünden allein auf Geldzahlung gerichtete Sekundäransprüche zu und mangels Erfüllungsanspruch kein Zurückbehaltungsrecht. Die Sachverständigenkosten seien nicht ersatzfähig. Die Pflicht zur Vorauszahlung auf das Anderkonto sei zwar unwirksam, die Widerklage aber unbegründet, soweit dem AN ein fälliger Werklohnanspruch zusteht („dolo agit“).

Kategorie: Bau- und Architektenrecht, 07. Juli 2023

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