Keine Pflicht zur Zahlung von „Negativzinsen“ aus einem Schuldscheindarlehen!

Keine Pflicht zur Zahlung von „Negativzinsen“ aus einem Schuldscheindarlehen!


Bundesgerichtshof,

Urteil vom 9. Mai 2023 – XI ZR 544/21

Der Bundesgerichtshof hat entschieden, dass das gesetzliche Leitbild der Darlehensvorschriften keine negativen Zahlen kenne. Es bestehe auch dann kein Anspruch auf Zahlung von Negativzinsen aus einem Schuldscheindarlehen, wenn zwar eine Zinsobergrenze, aber keine Zinsuntergrenze vereinbart worden ist.

Dem Urteil lag folgender Sachverhalt zugrunde:

Zwischen dem klagenden Land und der Rechtsvorgängerin der Bank wurde im März 2007 ein als „Darlehen“ bezeichneter Vertrag, dessen Konditionen von dem Kläger vorgegeben wurden, geschlossen. Der Kläger stellte der Beklagten nach Überweisung der „Darlehenssumme“ fünf gleichlautende Schuldscheine über jeweils 20.000.000 € aus. Der Kläger ist der Meinung, dass ihm die Beklagte ab dem Zeitpunkt, zu dem der Zinsaufschlag („0,1175%“) betragsmäßig hinter dem negativen Referenzzinssatz („3- Monats-EURIBOR“) zurückgeblieben war, die Zahlung von „Negativzinsen“ schulde, weil in den Schuldscheinen zwar eine Zinsobergrenze („5,00%“), aber keine Zinsuntergrenze vereinbart worden sei.

Der Bundesgerichtshof wies die Revision zurück.

Es bestehe kein Anspruch auf Zahlung von Negativzinsen. Gem. § 488 Abs. 1 BG bedürfe eine Zinsabrede, nach der eine Änderung des in Bezug genommenen Referenzzinssatzes zu einer automatischen Veränderung des Vertragszinses in dem durch einen Zinsaufschlag und eine Zinsobergrenze vorgegebenen Umfang führe, keiner ausdrücklichen Festlegung einer Zinsuntergrenze, um bei einem Absinken des Referenzzinssatzes einschließlich des Zinsaufschlags unter null eine Verpflichtung des Darlehensgebers zur Zahlung von nominal negativen „Zinsen“ an den Darlehensnehmer auszuschließen oder zu begrenzen. Zins im Rechtssinne bedeute ein für die Möglichkeit des Gebrauchs von zeitweilig überlassenem Kapital zu leistendes Entgelt, das zeitabhängig, aber zugleich gewinn- und umsatzunabhängig berechnet werde. Dementsprechend könne ein Zins nicht negativ werden. Die vertraglich zugrunde gelegte Zinsklausel sei so auszulegen, dass die Beklagte nicht zur Zahlung der rechnerisch ermittelten „Negativzinsen“ verpflichtet sei. Die unterbliebene ausdrückliche Vereinbarung einer Zinsuntergrenze ändere dies nicht. Dies beruhe darauf, dass die Parteien bei Vertragsschluss entweder davon ausgegangen seien, dass der variable Zins nach der von ihnen vereinbarten Zinsformel aufgrund der zu erwartenden Marktentwicklung nicht negativ werden könne oder dass sie aufgrund des Leitbilds und der vertragstypischen Pflichten eines Darlehensvertrages angenommen haben, dass ohnehin nur den Darlehensnehmer, nicht aber den Darlehensgeber eine Zinszahlungspflicht treffen könne. Diese Auslegung der Zinsklausel entspreche aus der objektiven Sicht der Parteien auch dem Verständnis redlicher und verständiger Vertragspartner in ihrer Eigenschaft als professionelle Marktteilnehmer. Die Refinanzierung der Bank sei in der Regel nicht vom Erwartungshorizont des Kunden umfasst.

Kategorie: Bank- und Kapitalmarktrecht, 17. Mai 2023

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