Kommanditgesellschaften: Gesellschafter einer Obergesellschaft haften auch gegenüber Gläubigern der Untergesellschaft
Bundesgerichtshof (BGH)
Urteil vom 03.08.2021 – II ZR 123/20
Der BGH hat entschieden, dass die Gesellschafter einer Kommanditgesellschaft – die zugleich als Obergesellschaft an einer anderen Kommanditgesellschaft (Untergesellschaft) beteiligt ist – auch gegenüber den Gläubigern dieser Untergesellschaft haften. Diese Haftung wird gemäß §§ 171 Absatz 1, 172 Absatz 4 HGB in der Insolvenz der Untergesellschaft von deren Insolvenzverwalter geltend gemacht, solange nicht über das Vermögen der Obergesellschaft ihrerseits das Insolvenzverfahren eröffnet wurde.
Der Entscheidung lag folgender Sachverhalt zugrunde:
Der Kläger ist Insolvenzverwalter von drei Kommanditgesellschaften, über deren Vermögen jeweils das Insolvenzverfahren eröffnet wurde. Der Beklagte ist als Kommanditist mit einer Einlage in Höhe von 100.000,- € an der Obergesellschaft der drei vorbenannten Kommanditgesellschaften (Untergesellschaften) beteiligt. Die Obergesellschaft erhielt von den Untergesellschaften nicht durch Gewinne gedeckte Ausschüttungen in Höhe von insgesamt 4.257.000,- €. Nach haftungsbefreienden Wiedereinlagen besteht eine offene Haftung der Obergesellschaft in Höhe von jeweils 942.802,60 €. Der Beklagte erhielt von der Obergesellschaft nicht durch Gewinne gedeckte Ausschüttungen in Höhe von insgesamt 33.042,- €. Die Insolvenz über das Vermögen der Obergesellschaft wurde nicht eröffnet.
Der Kläger verlangte nunmehr von dem Beklagten als Kommanditist der Obergesellschaft anteilig für jede Untergesellschaft eine Zahlung in Höhe von 11.014,- € für die offenen Kommanditeinlagen. Seine Forderungen stützte er auf die §§ 171 Absatz 1, 172 Absatz 4 HGB.
Der zuständige zweite Senat des BGH entschied, dass der geltend gemachte Anspruch des Klägers gegen den Beklagten bestehe. Kommanditisten einer Obergesellschaft haften gegenüber den Gläubigern der Untergesellschaft. Die Außenhaftung der Obergesellschaft als Kommanditistin der Untergesellschaft sei gegenüber den Gläubigern der Untergesellschaft eine Verbindlichkeit der Obergesellschaft im Sinne des § 128 HGB bzw. der §§ 171, 172 HGB. Eine solche Verbindlichkeit stelle auch die Außenhaftung der Obergesellschaft gegenüber den Gläubigern der Untergesellschaft dar.
Diese Haftung könne in der Insolvenz der Untergesellschaft von deren Insolvenzverwaltern geltend gemacht werden, solange bei der Obergesellschaft kein Insolvenzverfahren eröffnet sei. Hierfür spreche bereits der Wortlaut sowie Sinn und Zweck des § 171 Absatz 2 HGB. Normzweck sei, die berechtigten Gesellschaftsgläubiger in die Lage zu versetzen, an den Vermögenswerten gemeinsam (anteilig) zu partizipieren. Von diesem Zweck sei auch die Haftung der Gesellschafter der Obergesellschaft erfasst.
Das Berufungsurteil sei entsprechend aufzuheben und die Sache zur neuen Verhandlung und Entscheidung an das Berufungsgericht zurückzuverweisen.
Kategorie: Gesellschaftsrecht / Handelsrecht, 09. November 2021
Ansprechpartner:
- Atif Yildirim
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