Kündigung des Auftraggebers nach unwirksamer Kündigung des Auftragnehmers

Kündigung des Auftraggebers nach unwirksamer Kündigung des Auftragnehmers


Oberlandesgericht Stuttgart
Urteil vom 30.12.2020 -10 U 202/20

Die Parteien stritten über die Erstattungsfähigkeit von Mehraufwendungen für einen Drittunternehmer nach Kündigung eines VOB-Bauvertrags. Der Auftragnehmer kündigte den Vertrag wegen eines Streits u.a. über Un- bzw. Vollständigkeit von Werkstattzeichnungen sowie die Zahlung einer Abschlagsrechnung. Der Auftraggeber reagierte hierauf durch ein anwaltliches Schreiben mit dem Hinweis, dass Mehrkosten iHv. 80.000 Euro entstanden seien und der Aufforderung zum Haftungsanerkenntnis. Nachdem die behaupteten Mehrkosten erstinstanzlich vor Gericht landeten, erklärte der Auftraggeber erst dort ausdrücklich die Kündigung.

Das OLG Stuttgart hat dem Auftraggeber die geltend gemachten Mehrkosten zugesprochen. Die Kündigung des Auftragnehmers war unwirksam. Eine Kündigungserklärung des Auftraggebers war allerdings nach dieser (un)berechtigten Kündigung des Auftragnehmers nicht entbehrlich. Vielmehr musste der Auftraggeber- wenigstens konkludent- zum Ausdruck bringen, dass er den Vertrag beenden will.  Ein Anspruch aus § 4 Nr. 7, § 8 Nr. 3 Abs. 2 Satz 1 VOB/B (2006) setzt grundsätzlich eine schriftliche Kündigungserklärung des Auftraggebers voraus. Den konkludent zum Ausdruck gebrachten Willen zur Beendigung des Vertragsverhältnisses entnahm das Gericht allerdings dem Schreiben der Anwälte des Auftraggebers. Das Rechtsverhältnis sei dadurch in ein Abrechnungsverhältnis überführt worden. Eine Fristsetzung war entbehrlich, da der Auftragnehmer die Erfüllung bereits verweigert hatte.

 

 

Kategorie: Bau- und Architektenrecht, 07. Dezember 2022



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