Mietrecht: BGH konkretisiert Begriff der Familienangehörigen

Mietrecht: BGH konkretisiert Begriff der Familienangehörigen


BGH Urteil vom 10. Juli 2024 – VIII ZR 276/23

Der Fall:

Als Frage zu klären galt, wie weit der Verwandtengrad ausreichen darf, um eine Familienangehörigkeit im Sinne des § 577a Abs. 1a Satz 2 BGB (Ausnahme von der Kündigungsbeschränkung bei einem Wohnungserwerb) und im Falle der Eigenbedarfskündigung gemäß § 573 Abs. 2 Nr. 2 BGB annehmen zu können.

Auf Klägerseite stand eine Gesellschaft bürgerlichen Rechts.
Beide Gesellschafter der GbR sind Cousins.    

Nach Ausspruch einer Kündigung wegen Eigenbedarfs begehrte die Klägerin Räumung und Herausgabe der an die Beklagte vermieteten Wohnung.

Die Beklagten hielten die Kündigung für unwirksam und beriefen sich hierbei auf die Kündigungsbeschränkung des § 577a Abs. 1a Satz 1 Nr. 1, Abs. 2 BGB in Verbindung mit § 2 der Kündigungsschutzklausel-Verordnung des Landes Berlin vom 13. August 2013.

Diese Kündigungsbeschränkung gilt nach Abs. 1a Satz 2 jedoch dann nicht, wenn die im Zeitpunkt des Eigentumserwerbs vorhandenen Gesellschafter derselben Familie angehören.

Die Klägerin wendet somit ein, dass die Gesellschafter Cousins sind und die eingebrachte Kündigungsbeschränkung nicht gilt.

Das Amtsgericht wies die Klage ab, wohingegen das Berufungsgericht der Räumungsklage stattgab.

 

Die Entscheidung:

Der BGH entschied, dass sich bei der Frage der Familienangehörigkeit am Zeugnisverweigerungsrecht aus persönlichen Gründen im Sinne der § 383 ZPO, § 52 StPO zu orientieren sei.

Steht einem Verwandten ein Zeugnisverweigerungsrecht nach diesen Vorschriften zu, könne er unter den Begriffen der „Familie“ in § 577a Abs. 1a Satz 2 BGB und „Familienangehörige“ in § 573 Abs. 2 Nr. 2 BGB gefasst werden.

 Entscheidend sei somit nicht das persönliche Näheverhältnis als solche, sondern der Grad der Verwandtschaft. Eine Einzelfallbetrachtung scheide demnach aus.

Der Gesetzgeber habe mit der in den § 383 ZPO, § 52 StPO aufgeführten Aufzählung einen Personenkreis konkretisiert, für welchen typischerweise und nach objektiven Kriterien eine besondere persönliche Bindung besteht. Es sei daher sachgerecht, eine solche gesetzgeberische Wertung auch im Mietrecht heranzuziehen.

Dass die beiden Gesellschafter der Klägerin Cousins sind, ist demnach für die Anwendung des § 577a Abs. 1a Satz 2 BGB unerheblich. Sie gehören nicht zu derselben Familie in diesem Sinne. Eine Kündigungsbeschränkung kann nicht angewendet werden.

Kategorie: Gewerbliches Miet- und Wohnraummietrecht, Wohnungseigentumsrecht, 25. Juli 2024



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