Mündlicher Bedenkenhinweis kann ausreichen!

Mündlicher Bedenkenhinweis kann ausreichen!


Oberlandesgericht (OLG) Brandenburg
Urteil vom 29.07.2021 – 12 U 230/20

Das OLG Brandenburg hat entschieden, dass ein Auftragnehmer seiner Bedenkenhinweispflicht nur nachkommt, wenn er die nachteiligen Folgen und die sich daraus ergebenden Gefahren der unzureichenden Vorgaben konkret darlegt, damit dem Auftraggeber die Tragweite der Nichtbefolgung hinreichend verdeutlicht wird. Der Bedenkenhinweis hat zwar nach § 4 Absatz 3 VOB/B schriftlich zu erfolgen. Das bedeutet aber nicht, dass ein mündlicher Hinweis unerheblich ist. Vielmehr reicht ein mündlicher Hinweis aus, wenn dieser eindeutig, inhaltlich klar, vollständig und erschöpfend ist.

Der Entscheidung lag folgender Sachverhalt zugrunde:
Die Klägerin ist ein Spezialbauunternehmen im Bereich Bodenbeschichtung sowie Hoch- und Tiefbau. Sie beauftragte unter Einbeziehung der VOB/B (2012) den Beklagten als Subunternehmer mit der Ausführung von Demontage- und Abbrucharbeiten eines Parkplatzbelages, der Wiederherstellung und dem Einbau einer Rinnenkonstruktion zur Entwässerung und Erneuerung des Parkdecks sowie dem Wiederaufbau der Pflanztröge inklusive der Begrünung und der Wiederherstellung der Rinnenkonstruktion und des Pflasterbelages im Gehwegbereich des Parkdecks.

Die Parteien streiten nunmehr über die Verantwortlichkeit des Beklagten für von der Klägerin gerügte Mängel wegen einer unvollständigen Fugenverfüllung des Pflasterbelags sowie eines fehlenden fachgerechten Einbaus der Entwässerungsrinnen. Die Klägerin macht Ansprüche auf Kostenvorschuss sowie Kostenerstattung für die Beseitigung der entsprechenden Mängel geltend. Der Beklagte beruft sich darauf, dass er aufgrund der geringen Aufbauhöhe schriftlich Bedenken angemeldet und die Gewährleistung insoweit abgelehnt habe.

Das Landgericht (LG) hat den Beklagten verurteilt, an die Klägerin rund 28.500 € zu zahlen. Die Leistung des Beklagten sei mangelhaft. Die von dem Beklagten vorgelegten Bedenkenanzeigen seien inhaltlich nicht ausreichend gewesen. Die Klägerin habe demnach gegen den Beklagten einen Anspruch gemäß § 637 Absatz 3 BGB auf Kostenvorschuss für die Mängelbeseitigungsarbeiten in Höhe von 23.500 € sowie gemäß § 13 Absatz 5 Nummer 2 VOB/B auf Ausgleich der Ersatzvornahmekosten in Höhe von rund 5.000 €

Die sich hiergegen richtende Berufung des Beklagten hat vorläufig Erfolg.

Der Beklagte rügt, die Auffassung des LG – die schriftlichen Bedenkenanzeigen seien inhaltlich unzureichend – sei unzutreffend. Da es sich bei der Klägerin um ein Spezialunternehmen mit hoher planerischer und technischer Kompetenz handele, seien seine schriftlichen Bedenkenanzeigen für die Klägerin klar und verständlich gewesen. Insoweit seien die an den Kläger zu stellenden Anforderungen überspannt worden.

Zwar hebt der zuständige Senat des OLG das angefochtene Urteil wegen Verfahrensfehlern auf. Er führt jedoch aus, der Unternehmer komme seiner Bedenkenpflicht nach § 4 Absatz 3 VOB/B grundsätzlich zwar nur nach, wenn er nachteilige Folgen und die sich daraus ergebenden Gefahren der unzureichenden Vorgaben konkret darlegt und damit dem Auftraggeber die Tragweite der Nichtbefolgung hinreichend deutlich wird. Diesen Anforderungen würden die schriftlichen Bedenkenanzeigen des Beklagten nicht genügen. Allerdings habe der Vater des Beklagten anlässlich einer Besprechung dem Geschäftsführer der Klägerin verständlich und technisch präzise über die grundsätzliche Problematik geringer Aufbauhöhen unterrichtet und auf mögliche Folgen hingewiesen. Zwar müsse der Bedenkenhinweis grundsätzlich schriftlich erfolgen. Das bedeute jedoch nicht, dass ein mündlicher Hinweis nicht unerheblich sei. Vielmehr reiche ein mündlicher Hinweis aus, wenn dieser eindeutig, inhaltlich klar, vollständig und erschöpfend sei. Allenfalls müsse sich die Klägerin ein Mitverschulden gemäß § 254 BGB zurechnen lassen, wenn sie Hinweise des Auftragnehmers trotz zuverlässiger mündlicher Belehrung nicht befolge.

Das angefochtene Urteil sei insoweit aufzuheben und die Sache an das vorinstanzliche LG zur erneuten Verhandlung und Entscheidung zurückzuweisen.

Kategorie: Bau- und Architektenrecht, 03. Dezember 2021



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