OLG Dresden: Viele „kleine“ Pflichtverletzungen berechtigen zur außerordentlichen Kündigung

OLG Dresden: Viele „kleine“ Pflichtverletzungen berechtigen zur außerordentlichen Kündigung


Oberlandesgericht Dresden (OLG)
OLG Dresden, Urteil vom 17.11.2020 6 U 349/20

Das Oberlandesgericht (OLG) Dresden hat entschieden, dass sich eine Zerstörung des Vertrauensverhältnisses aus einer Reihe von Pflichtverletzungen, die jeweils für sich genommen nicht ausreichend wären, im Rahmen einer Gesamtabwägung ergeben kann. Demnach können Vertragspflichtverletzungen von geringerem Gewicht geeignet sein, das vorbelastete Vertrauensverhältnis endgültig zu zerstören. Eine vorherige Fristsetzung und Kündigungsandrohung ist in Fällen der schwerwiegenden Vertragsverletzung in der Regel nicht erforderlich.

Dem Urteil lag folgender Sachverhalt zugrunde:

Die Parteien schlossen zwei Bauverträge mit einem Auftragsvolumen von rund 40 Mio. €. Unmittelbar nach Vertragsschluss traten Meinungsverschiedenheiten auf. Daraufhin vereinbarten die Parteien den Einsatz einer Task Force. Der Auftraggeber rügte in der Folgezeit verschiedene Vertragsverletzungen und forderte den Auftragnehmer unter Fristsetzung zur Beseitigung auf. Er drohte die Kündigung an, stellt gleichwohl klar, dass er am Vertrag festhalte. Der Auftragnehmer forderte seinerseits mit 24 Schreiben die Vorlage von Ausführungsplänen. Der Auftraggeber kündigte zwei Tage später beide Verträge. Grund hierfür sei die unterbliebene Fortschreibung des Detailterminplans, die fehlerhafte Nachunternehmernennung, die unzureichende Baustellenbesetzung und die fortgesetzte Vertragsuntreue und die daraus resultierende Zerstörung des Vertrauensverhältnisses.

Das OLG Dresden bestätigte die wirksame Kündigung. Ein Bauvertrag könne aus wichtigem Grund gekündigt werden, wenn das Vertrauensverhältnis zwischen den Bauvertragsparteien zerstört sei. Aus den Gesamtumständen ergebe sich ein außerordentliches Kündigungsrecht des Auftraggebers.

Das Einsetzen einer Task Force zeige, dass die Parteien gesteigerte Bemühungen zeigen müssen. Demnach seien auch Vertragspflichtverletzungen von geringerem Gewicht geeignet, das vorbelastete Vertrauensverhältnis endgültig zu zerstören. Das sei der Fall, wenn das Verhalten des Auftragnehmers und die schematischen Einwendungen mit den konstruktiven Festlegungen der Task Force nicht vereinbar seien. Dies sei gegeben, wenn der Auftragnehmer im Gesamtbild den Eindruck einer Blockadehaltung vermittle und durch sein Gesamtverhalten das Vertrauensverhältnis endgültig zerstört.

Durch die Fristsetzung und Klarstellung am Vertrag festhalten zu wollen, habe der Auftraggeber erkennbar gemacht, dass das Vertrauensverhältnis bis dato (noch) nicht dahingehend zerstört gewesen sei und ihm die Fortsetzung des Vertrags ohne weitere Gründe (noch) zuzumuten gewesen sei. Der Auftragnehmer habe durch die erfolglos verstrichene Frist und seine destruktive 24 Schreiben weiter zur Zerstörung des Vertrauensverhältnisses beigetragen.

Kategorie: Bau- und Architektenrecht, 15. März 2021



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