OLG Hamm: Belehrung über Dauer der Widerrufsfrist „zwei Wochen (einen Monat)“ fehlerhaft
Oberlandesgericht Hamm (OLG Hamm)
Urteil vom 18.07.2016 – 31 U 284/15
Der 31. Senat des OLG Hamm hat mit aktuellem Urteil vom 18.07.2016 eine Widerrufsbelehrung aus der Zeit zwischen 2008 und 2010 für fehlerhaft erklärt, welche u. a. von vielen Volks- und Raiffeisenbanken (VR Bank) und der Sparda Bank seinerzeit verwendet worden ist.
Der klagende Darlehensnehmer forderte von der beklagten Bank die Rückabwicklung eines im April 2010 geschlossenen Darlehensvertrages.
Der Kläger unterzeichnete am 19.04.2010 in den Geschäftsräumen der Bank einen Darlehensvertrag über 200.000,00 € mit einer Laufzeit von 20 Jahren zum Erwerb eines Einfamilienhauses. Mit der Vertragsurkunde erhielt der Kläger eine Widerrufsbelehrung. Dort heißt es u. a. zur Dauer der Widerrufsfrist: „Sie können Ihre Vertragserklärung innerhalb von zwei Wochen (einen Monat)1 ohne Angabe von Gründen in Textform (z. B. Brief, Fax, E-Mail) widerrufen“. Hinter der Klammer „(einen Monat)“ findet sich eine Fußnote, welche am Ende der Belehrung folgenden Inhalt hat „1 Die Widerrufsfrist beträgt gemäß § 355 Abs. 2 Satz 2 BGB einen Monat, wenn die Widerrufsbelehrung erst nach Vertragsschluss in Textform dem Kunden mitgeteilt wir bzw. werden kann.“ Im Juli 2014 veräußerte der Kläger die Immobilie und löste das Darlehen vorzeitig ab. Auf Verlangen der Beklagten zahlte der Kläger eine Vorfälligkeitsentschädigung von 23.726,59 €.
Später widerrief der
Kläger unter Hinweis auf Fehlerhaftigkeiten der Widerrufsbelehrung den Darlehensvertrag und forderte die Beklagte zur Rückzahlung der Vorfälligkeitsentschädigung auf, woraufhin die Beklagte jegliche Zahlung ablehnte.Auf die Berufung des Klägers hob das Oberlandesgericht Hamm nunmehr das Urteil des Landgerichts Bochum auf und verurteilte die beklagte Bank zur Rückzahlung der gezahlten Vorfälligkeitsentschädigung.
Nach Auffassung des OLG Hamm war die Klage zulässig und begründet:
Der Darlehensvertrag sei durch den Widerruf des Klägers in ein Rückgewährschuldverhältnis umgewandelt worden. Die zweiwöchige Widerrufsfrist habe 2010, im Jahr des Abschlusses des Darlehensvertrags, nicht zu laufen begonnen. Die im Rahmen des Darlehensvertrages von der Bank verwendete Widerrufsbelehrung genüge den gesetzgeberischen Anforderungen schon deshalb nicht, weil die von der Bank gewählte Formulierung zur Dauer der Widerrufsfrist für einen durchschnittlichen Verbraucher verwirrend sei. Für ihn sei nicht klar erkennbar, welche Frist (zwei Wochen oder einen Monat) im Fall seines Darlehensvertrages einschlägig sei. Es hätte vielmehr der Streichung der nicht gewollten Alternative bedurft. Dem stünde auch nicht entgegen, dass der Darlehensvertrag in den Geschäftsräumen der Bank im Rahmen eines sog. „Präsenzgeschäfts“ abgeschlossen wurde. Denn dann würde der Klammerzusatz (einen Monat) mit der Fußnote ins Leere gehen und würde sodann einen schädlichen überflüssigen Zusatz darstellen, der geeignet sei, das Verständnis des Verbrauchers von dem wesentlichen Inhalt der Belehrung zu beeinträchtigten.
Auf die Gesetzlichkeitsfiktion des § 14 Abs. 1 und 3 BGB-InfoVO könne sich die Beklagte ebenfalls nicht berufen. Denn die Musterwiderrufsbelehrung sei an mehreren Stellen inhaltlich bearbeitet worden.
Widerruf des Darlehensvertrags stünde auch nicht entgegen, dass die Parteien bereits im Juli 2014 einvernehmlich den Darlehensvertrag aufgehoben haben. Ebenfalls sei das Motiv des Klägers für den Widerruf unbeachtlich.
Kategorie: Bank- und Kapitalmarktrecht, Widerruf Verbraucherdarlehen, 25. August 2016
Ansprechpartner:
- Atif Yildirim
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