OLG Hamm: Verbraucherbauvertrag kann auch bei gewerkeweiser Vergabe vorliegen

OLG Hamm: Verbraucherbauvertrag kann auch bei gewerkeweiser Vergabe vorliegen


Oberlandesgericht (OLG) Hamm
Urteil vom 24.04.2020 – 24 U 198/20

Das OLG Hamm hat entschieden, dass ein Verbrauchervertrag im Sinne des § 650i Absatz 1 Alt. 1 BGB auch bei gewerkeweiser Vergabe vorliegen kann, wenn die Beauftragung in einem engen zeitlichen Zusammenhang mit der Erstellung eines neuen Gebäudes erfolgt, die Erstellung eines neuen Gebäudes für den Unternehmer ersichtlich ist und die Gewerke zum Bau des neuen Gebäudes selbst beitragen.

Der Entscheidung lag folgender Sachverhalt zugrunde: Die Klägerin betrieb ein Handwerksbetrieb aus dem Bereich Stahl- und Hallenbau. Die Beklagte beauftragte die Klägerin mit der Errichtung einer Mehrzweck-Industriehalle. Das Fundament der Industriehalle wurde durch Drittunternehmer errichtet. Mit Nachtragsangebot wurde die Klägerin mit der Erbringung weiterer Leistungen beauftragt. Die Klägerin stellte der Beklagten mehrere Rechnungen, die jeweils an die Privatadresse adressiert wurden.

Das OLG Hamm entschied, dass ein Verbraucherbauvertrag auch bei der gewerkweisen Vergabe vorliegen könne. Das Gesetz sehe zwar keine Definition vor, was unter dem „Bau eines neuen Gebäudes“ zu verstehen sei. Der Wortlaut der Vorschrift spreche jedoch dafür, dass auch bei der Vergabe von Einzelgewerken von einem Verbrauchervertrag im Sinne der Vorschrift auszugehen sei. Sinn und Zweck der Vorschrift zeige, dass Verbraucher bei der Vergabe von Neubauarbeiten an Einzelgewerke vor mindestens genauso komplexe Fragestellungen gestellt würden wie bei dem Abschluss eines Generalunternehmer- oder Generalübernehmervertrages. Gleiches gelte sinngemäß für die wirtschaftliche Tragweite.

Ein sachlicher Grund, warum der Bauherr bei gewerkeweise Vergabe weniger schutzwürdig sein solle als der Bauherr, der sein Haus aus einer Hand errichten lässt, sei nicht auszumachen und stelle einen Wertungswiderspruch dar.

 

Kategorie: Bau- und Architektenrecht, 30. August 2021



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