Sondereigentümer kann Sanierung von Feuchtigkeitsschäden von der WEG verlangen
Bundesgerichtshof (BGH)
Urteil vom 4. Mai 2018 – V ZR 203/17
Der unter anderem für das Wohnungseigentumsrecht zuständige V. Zivilsenat des BGH hat über einen Rechtsstreit entschieden, in dem Wohnungs- und Teileigentümer über die Sanierung von Feuchtigkeitsschäden im Bereich des gemeinschaftlichen Eigentums stritten.
Die Parteien sind Wohnungs- und Teileigentümer eines im Jahr 1890 errichteten Gebäudes. Dieses ist in 12 Wohnungen und drei Teileigentumseinheiten aufgeteilt. Die Kläger sind die Eigentümer der drei Teileigentumseinheiten, die sich im Souterrain des Gebäudes befinden. Die Teileigentumseinheiten werden in der Teilungserklärung als „Laden“ bzw. „Büro“ bezeichnet und derzeit als solche genutzt.
Die Wände dieser Einheiten wiesen Durchfeuchtungen auf, weshalb die Kläger nach Einholung von zwei unabhängigen Gutachten vor der WEG den Antrag stellten, dass die die Wände saniert werden müssten. Da die WEG den Antrag ablehnte, wandten sich die Kläger an das Amtsgericht.
Das Amtsgericht hat die Klage im Wesentlichen abgewiesen. Auf die Berufung der Kläger hat ihr das Landgericht stattgegeben. Mit der von dem Landgericht zugelassenen Revision wollten die Beklagten erreichen, dass die Klage insgesamt abgewiesen wird.
Der BGH hat eine Sanierungspflicht der Wohnungseigentümer angenommen und die Revision deshalb zurückgewiesen.
Das gemeinschaftliche Eigentum müsse laut BGH jedenfalls in einem solchen baulichen Zustand sein, dass das Sondereigentum zu dem in der Teilungserklärung vorgesehenen Zweck genutzt werden könne. Weise das Gemeinschaftseigentum gravierende bauliche Mängel, wie in dem konkreten Fall massive Feuchtigkeitsschäden an der Innen- und Außenwände, auf, die die zweckentsprechende Nutzung von Wohnungs- oder Teileigentumseinheiten erheblich beeinträchtigen oder sogar ausschließen, sei eine sofortige Instandsetzung zwingend erforderlich.
Demnach können einzelne Wohnungseigentümer die Sanierung gemäß § 21 Abs. 4 WEG verlangen. Da die Ursache der Mängel in einer fehlenden Abdichtung des Gebäudes liege und damit im Gemeinschaftseigentum; sei die Sanierung Aufgabe aller Wohnungseigentümer. Die Teileigentumseinheiten dürften nach der Teilungserklärung als Büro bzw. Laden genutzt werden, sie müssten dann ebenso wie Wohnungen grundsätzlich dazu geeignet sein, als Aufenthaltsraum für Menschen zu dienen. Massive Durchfeuchtungen müssten die Kläger deshalb nicht hinnehmen, und zwar auch dann nicht, wenn gesundheitsschädlicher Schimmel (noch) nicht aufgetreten sein sollte.
Die Sanierung sei den Beklagten auch zuzumuten. Bei einer Gefährdung des Erhalts der Gebäudesubstanz müsse ohnehin saniert werden. Sei die Gebäudesubstanz nicht gefährdet, ließe sich die Sanierung allenfalls durch eine Änderung der Teilungserklärung vermeiden, indem der Nutzungszweck der betroffenen Einheiten geändert werde, hier etwa durch eine Änderung dahingehend, dass die Teileigentumseinheiten (nur) als Keller dienen sollen. Dieser Anpassungsanspruch stelle jedoch einen äußerst gravierenden Eingriff in das Eigentumsrecht der betroffenen Eigentümer dar, die ihre Einheiten nicht mehr wie zuvor nutzen könnten. Deshalb könne eine solche Anpassung der Teilungserklärung nur in Ausnahmefällen gegen Ausgleichszahlungen in Betracht gezogen werden. Ein solcher Ausnahmefall liege hier aber nicht vor.
Die genau bezifferten Sanierungskosten seien zwar hoch, stünden jedoch nicht völlig außer Verhältnis zu dem erzielbaren Nutzen für die Gebäudesubstanz im Allgemeinen und die drei Einheiten der Kläger im Besonderen und seien deshalb von den Wohnungseigentümern zu tragen.
Kategorie: Immobilienrecht, 08. Mai 2018
Ansprechpartner:
- Atif Yildirim
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