Steinrücke Sausen Rechtsanwälte wehren Anlegerklage ab- Keine Ansprüche des Anlegers gegen die Fondsgesellschaft selbst!

Steinrücke Sausen Rechtsanwälte wehren Anlegerklage ab- Keine Ansprüche des Anlegers gegen die Fondsgesellschaft selbst!


Oberlandesgericht Rostock (OLG)

In einem von unsererer Kanzlei betreuten Verfahren verlangte der Kläger von der beklagten Fondesgesellschaft aufgrund des Vorwurfes, ihm sei eine fehlerhafte Kapitalanlageberatung zuteil geworden, die Rückabwicklung seiner Fondsbeteiligung.

Auf Empfehlung des Finanzberaters zeichnete der Kläger im Beisein seiner Ehefrau eine Vereinbarung über den Beitritt zur beklagten Gesellschaft. Die Beteiligungssumme sollte durch eine Ersteinlage und weitere 190 monatliche Raten geleistet werden. Mit ersten Ausschüttungen konnte erst 15 Jahre später gerechnet werden. Hierauf wurden der Kläger und seine Ehefrau von dem Finanzberater hingewiesen. Mit anwaltlichem Schreiben erklärte der Kläger die Anfechtung der auf den Vertragsschluss gerichteten Willenserklärung wegen arglistiger Täuschung. Zugleich widerrief er die Beitrittserklärung und kündigte das Vertragsverhältnis außerordentlich, hilfsweise ordentlich.

Das Landgericht (LG) wies seine Klage ab. Der Finanzberater sowie die Ehefrau des Klägers wurden im Rahmen des erstinstanzlichen Verfahrens zum Inhalt des Gespräches, welches der Anlageentscheidung des Klägers voran ging, vernommen. Begründend führte das LG aus, bei der Tätigkeit des Finanzberaters handele es sich um eine Anlageberatung. Nach erfolgter Beweisaufnahme könne jedoch nicht festgestellt werden, dass der Kläger durch den Anlageberater nicht anleger- und objektgerecht beraten worden sei.

Mit der gegen diese Entscheidung eingelegten Berufung verfolgte der Kläger seine Klageziele weiter.

Die beklagte Gesellschaft wurde von der Kanzlei Steinrücke Sausen in allen Instanzen anwaltlich vertreten. Das OLG wies die Berufung des Klägers zurück und gab den der Beklagten Recht. Im Einzelnen führte das OLG hierzu wie folgt aus:

Nach ständiger Rechtsprechung des Bundesgerichtshofes (BGH) sei beim Verdacht auf eine Falschberatung zunächst zwischen Anlageberatung und Anlagevermittlung zu differenzieren. Dies sei vor dem Hintergrund erforderlich, da die Stellung und die Aufgaben eines Anlagevermittlers und eines Anlageberaters unterschiedlich seien und voneinander abweichende Rechtsfolgen nach sich ziehen würden.

Einen Anlageberater würde der Kapitalanleger dann hinzuziehen, wenn er selbst keine ausreichenden wirtschaftlichen Kenntnisse und keinen genügenden Überblick über wirtschaftliche Zusammenhänge habe. Er erwarte in diesem Fall nicht nur die Mitteilung von Tatsachen, sondern insbesondere deren fachkundige Bewertung und Beurteilung. Häufig wünsche er eine auf seine persönlichen Verhältnisse zugeschnittene Beratung. In einem solchen Vertragsverhältnis habe der Berater regelmäßig weitgehende Pflichten gegenüber dem betreuten Kapitalanleger. Als unabhängiger individueller Berater, dem weitreichendes persönliches Vertrauen entgegengebracht werde, müsse er besonders differenziert und fundiert beraten.

Dem Anlagevermittler dagegen, der für eine bestimmte Kapitalanlage im Interesse des Kapitalsuchenden und auch mit Rücksicht auf die ihm von diesem versprochene Provision den Vertrieb übernommen habe, trete der Anlageinteressent selbständiger gegenüber. An ihn wende er sich in der Regel in dem Bewusstsein, dass der werbende und anpreisende Charakter der Aussagen im Vordergrund stehe. Der zwischen dem Anlageinteressenten und einem solchen Anlagevermittler zustande gekommene Vertrag ziele lediglich auf Auskunftserteilung ab. Ein solcher Vertrag mit Haftungsfolgen komme im Rahmen der Anlagevermittlung zumindest stillschweigend zustande, wenn der Interessent deutlich mache, dass er, auf eine bestimmte Anlageentscheidung bezogen, die besonderen Kenntnisse und Verbindungen des Vermittlers in Anspruch nehmen wolle und der Anlagevermittler die gewünschte Tätigkeit beginne.

Mit Blick auf die unterschiedlichen Pflichtenkreise und die sich daran knüpfenden Rechtsfolgen sei die Unterscheidung zwischen dem Anlageberater und dem Anlagevermittler von erheblicher Bedeutung. Nach allgemeinen Grundsätzen habe der Anlageinteressent darzulegen und gegebenenfalls zu beweisen, in welcher Situation und unter welchen konkreten Umständen die Anlageentscheidung angebahnt und getroffen wurde. Lasse sich anhand der Angaben des Anspruchstellers nicht sicher zwischen einer Anlagevermittlung oder Anlageberatung unterscheiden, so gehe dies zu Lasten der darlegungs- und beweispflichtigen Partei. Das wiederum habe zur Folge, dass für diesen Fall wegen der im Vergleich zur Anlageberatung weniger weitreichenden Aufklärungspflichten und Rechtsfolgen bei ihrer Verletzung lediglich von einer Situation der Anlagevermittlung ausgegangen werden könne.

Nach der erfolgten Beweisaufnahme habe das LG zu Unrecht angenommen, der Finanzberater sei als Anlageberater tätig geworden. Der Finanzberater sei  allein mit dem Vertrieb des Investmentfonds der Beklagten befasst gewesen, nicht aber mit sonstigen geschlossenen Investmentfonds, die er hätte anbieten können. Daher sei er allein im Interesse der kapitalsuchenden Beteiligungsgesellschaft, der Beklagten, tätig geworden. Dies spreche für eine reine Anlagevermittlung.

Unter Zugrundelegung dieser Maßstäbe konnte das OLG nicht feststellen, dass der Kläger bei Zeichnung der Anlage von dem Finanzberater als Vermittler unrichtig oder unvollständig über die für seine Anlageentscheidung bedeutsamen Umstände informiert und aufgeklärt worden sei. Seine Informations- und Prüfungspflichten als Vermittler der Kapitalanlage habe der Finanzberater erfüllt. Aus diesem Grunde hat das OLG Rostock die Berufung des Anlegers zurückgewiesen.

Kategorie: Anlageberatung, Prospekthaftung, 21. September 2020



zurück