Unterlassungsanspruch bei überschwenkendem Baukran

Unterlassungsanspruch bei überschwenkendem Baukran


Oberlandesgericht (OLG) Stuttgart, Urteil vom 31.08.2022- 4 U 74/22

Das Oberlandesgericht Stuttgart hat entschieden, dass einem Nachbarn gegen das Überschwenken eines Kranarms ein Unterlassungsanspruch zusteht. Die Bauherren hätten diese Art von landesrechtlich geregelten „Hammerschlag- und Leiterrecht“ des Nachbarschaftsgrundstücks in erster Linie zwei Wochen vorher anzeigen und anschließend- bei verweigerter Zustimmung- eine Duldungsklage erheben müssen. Das Verfahren gem. § 7d Abs.2 Nachbarrechtsgesetz Baden-Württemberg (NRG BW) sei von der Beklagten nicht eingehalten worden. Daher könnten sich die Bauherren auch nicht auf das „Hammerschlag-und Leiterrecht“, sowie auf eine entsprechende Duldungspflicht des Klägers berufen. Vielmehr hätten die Bauherren dem Kläger nach den gesetzlichen Bestimmungen zwei Wochen vorher die Nutzung des Nachbargrundstücks durch Überschwenken des Krans anzeigen müssen. Dies geschah unstreitig nicht. Erst nach einer möglichen Ablehnung durch den Kläger hätten die Beklagten eine Duldungspflicht erheben müssen und nicht ihr vermeintliches Recht im Wege der Selbsthilfe durchsetzen können.

Dem Urteil lag folgender Sachverhalt zugrunde:

Die Eigentümer zweier benachbarter Grundstücke im Landkreis Ludwigsburg gerieten über den Abbruch und die Neubebauung der Beklagten in Streit. Nachdem die Baugenehmigung für zwei Doppelhaushälften und vier Garagen erteilt wurde und die Beklagten diese erhielt, stellten sie einen 18 Meter hohen Turmdrehkran mit ca. 28 Meter langem Ausleger auf der Grundstücksgrenze auf. Ohne jegliche Vorankündigung schwenke der Ausleger im Frühjahr 2022 mehrfach, sowohl mit, als auch ohne Last, über das Grundstück des Klägers. In einem Fall blieb der Kran mit schweren Betonfertigteilen an der Oberleitung hängen, die das Grundstück des Klägers mit Strom versorgte. Dadurch wurde unter anderem das Dachgeschoss des Klägers erschüttert.

Erstinstanzlich hat der Kläger ein einstweiliges Verfügungsverfahren vor dem Landgericht Heilbronn auf unverzügliche Unterlassung des Überschwenkens beantragt. Das Gericht bejahte einen Unterlassungsanspruch, jedoch nur im Falle des Überschwenkens mit einer Last. Dagegen richtete der Kläger seine Berufung. Einen Antrag auf Unterlassen auch im Falle des lastenfreien Überschwenken des Krans wollte er am OLG durchsetzen.

Das OLG sah die Berufung als begründet an und untersagte den Beklagten das Schwenken oder Schwenkenlassen des Krans über dem Grundstück des Klägers in jedem Fall bei Androhung eines Ordnungsgeldes für jeden Fall der Zuwiderhandlung.

Diese Senatsentscheidung im einstweiligen Verfügungsverfahren ist rechtskräftig. Allerdings können die Beklagten noch in einem Hauptsacheverfahren gerichtlich klären lassen, ob ihnen nach § 7 d NRG BW ein Duldungsanspruch auf Überschwenken des Kranes gegen den Kläger zusteht.

Quelle: Deubner, Recht & Praxis

 

Kategorie: Bau- und Architektenrecht, 09. September 2022



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