Europäischer Gerichtshof entscheidet über Kündigung eines leitenden Angestellten wegen Wiederheirat in römisch-katholischer Einrichtung

Europäischer Gerichtshof entscheidet über Kündigung eines leitenden Angestellten wegen Wiederheirat in römisch-katholischer Einrichtung


Bundesarbeitsgericht (BAG)
Beschluss vom 28.07.2016 – 2 AZR 746/14 (A)

Das BAG legt folgenden Fall dem Europäischen Gerichtshof (EuGH) vor und brüskiert damit das Bundesverfassungsgericht (BVerfG), welches eine zuvor ergangene BAG-Entscheidung bereits aufgehoben hatte:

Die Beklagte ist Trägerin mehrerer Krankenhäuser und institutionell mit der römisch-katholischen Kirche verbunden. Der katholische Kläger war bei ihr seit dem Jahr 2000 als Chefarzt beschäftigt. Den Dienstvertrag schlossen die Parteien unter Zugrundelegung der vom Erzbischof von Köln erlassenen Grundordnung des kirchlichen Dienstes im Rahmen kirchlicher Arbeitsverhältnisse vom 23.09.1993 (GrO 1993). Nach deren Art. 5 Abs. 2 handelte es sich beim Abschluss einer nach dem Glaubensverständnis und der Rechtsordnung der Kirche ungültigen Ehe um einen schwerwiegenden Loyalitätsverstoß, der eine Kündigung rechtfertigen konnte. Die Weiterbeschäftigung war grundsätzlich ausgeschlossen, wenn der Loyalitätsverstoß von einem leitenden Mitarbeiter begangen wurde (Art. 5 Abs. 3 GrO 1993). Zu diesen zählen nach kirchlichem Recht auch Chefärzte. Der Kläger heiratete nach der Scheidung von seiner ersten Ehefrau im Jahr 2008 ein zweites Mal standesamtlich. Nachdem die Beklagte hiervon Kenntnis erlangt hatte, kündigte sie das Arbeitsverhältnis mit Schreiben vom 30.03.2009 ordentlich zum 30.09.2009. Hiergegen hat sich der Kläger mit der vorliegenden Kündigungsschutzklage gewandt. Er hat gemeint, seine erneute Eheschließung vermöge die Kündigung nicht zu rechtfertigen. Bei evangelischen Chefärzten bleibe eine Wiederheirat nach der GrO 1993 ohne arbeitsrechtliche Folgen.
Die Vorinstanzen hatten der Klage stattgegeben. Das die Revision der Beklagten zurückweisende Urteil des BAG vom 08.09.2011 (2 AZR 543/10) hat das BVerfG durch Beschluss vom 22.10.2014 (2 BvR 661/12) aufgehoben und die Sache an das BAG zurückverwiesen.

Das BAG hat entschieden, den EuGH nach Art. 267 AEUV um die Beantwortung von Fragen zur Auslegung von Art. 4 Abs. 2 Unterabs. 2 der Richtlinie 2000/78/EG des Rates vom 27.11.2000 zur Festlegung eines allgemeinen Rahmens für die Verwirklichung der Gleichbehandlung in Beschäftigung und Beruf (ABl. EG Nr. L 303 S. 16) zu ersuchen.

Für das BAG ist erheblich, ob die Kirchen nach dem Unionsrecht bei einem an Arbeitnehmer in leitender Stellung gerichteten Verlangen nach loyalem und aufrichtigem Verhalten unterscheiden dürfen zwischen Arbeitnehmern, die der Kirche angehören, und solchen, die einer anderen oder keiner Kirche angehören.

Quelle: Pressemitteilung des BAG vom 28. Juli 2017

Kategorie: Arbeitsrecht, 29. Juli 2016



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