OLG Celle billigt Einsatz von Sonderprüfer zur Klärung der Frage, ob der Vorstand von VW Kenntnis von der Verwendung einer manipulierten Motorsoftware hatte
Oberlandesgericht Celle (OLG Celle)
Beschluss vom 08.11.2017 – 9 W 86/17
Der 9. Zivilsenat des Oberlandesgerichts Celle hat mit Beschluss vom 8. November 2017 (9 W 86/17) einem Antrag auf Einsetzung eines Sonderprüfers bei der Volkswagen AG stattgegeben.
Drei Fonds amerikanischen Rechts mit Sitz in New York/USA hatten in der Hauptversammlung der Volkswagen AG im Juni 2016 erfolglos die Einsetzung eines Sonderprüfers gemäß § 142 AktG beantragt.
Sie verfolgen diesen Antrag gerichtlich weiter. Der Sonderprüfer soll der Frage nachgehen, ob Vorstand und Aufsichtsrat der Volkswagen AG im Zusammenhang mit der Diesel – Abgas -Thematik ihre rechtlichen Pflichten verletzt und der Gesellschaft einen Schaden zugefügt haben. Streitig ist zwischen Antragstellern und der Antragsgegnerin vor allem, wann Organe der Antragsgegnerin, insbesondere ihre ehemaligen Vorstandsmitglieder, Kenntnis von der Verwendung einer Motorsoftware hatten oder hätten haben müssen, die den Ausstoß von Stickoxiden im Prüfstand verringert.
Das Landgericht Hannover hatte den Antrag im Juli 2017 mit der Begründung zurückgewiesen, für die Einsetzung eines Sonderprüfers bestehe kein Rechtsschutzbedürfnis, weil die Volkswagen AG bereits eine Rechtsanwaltskanzlei mit der Prüfung der Vorgänge beauftragt habe. Die Verwendung von deren Prüfungsergebnissen durch die Staatsanwaltschaft lasse Erkenntnisse erwarten, so dass keine Notwendigkeit für eine Sonderprüfung darüber hinaus bestehe.
Die Staatsanwaltschaft München II hatte im März 2017 bei der Rechtsanwaltskanzlei erstellte Unterlagen, die die Abgas-Thematik betreffen, sichergestellt. Zeitlich nach der Entscheidung des Landgerichts Hannover hatte das Bundesverfassungsgericht (2 BvR 1287/17) jedoch angeordnet, dass diese Unterlagen bis zu einer Entscheidung über anhängige Verfassungsbeschwerden der Rechtsanwaltskanzlei gegen die Durchsuchungsanordnung und Sicherstellung, längstens für die Dauer von sechs Monaten, bei dem Amtsgericht München versiegelt zu hinterlegen sind.
Der Senat hat bezugnehmend auf die Entscheidung des Landgerichts Hannover und wie die erste Instanz gemeint, die Antragsteller hätten einen hinreichenden Verdacht für grobe Pflichtverletzungen der Leitungsebene der Antragsgegnerin, insb. in Bezug auf die Produktausgangskontrolle aufgezeigt.
Anders als das Landgericht hat das Oberlandesgericht aber gemeint, die Erkenntnisse der von der Antragsgegnerin zur Untersuchung eingesetzten Rechtsanwaltskanzlei erübrigten eine Sonderprüfung nicht, weil weder vorgetragen noch ersichtlich sei, dass diese Erkenntnisse frei von Einfluss der Antragsgegnerin entstanden und formuliert sein würden, noch dass und wie sie den Aktionären der Antragsgegnerin zur Verfügung gestellt würden.
(Pressemitteilung vom 08.11.2017)
Kategorie: Kaufrecht, 09. November 2017
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- Matthias Ecks
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