BGH entscheidet am 16.07.2019 über die Kündigungsklausel einer Bausparkasse
Bundesgerichtshof (BGH)
Verhandlungstermin am 16.07.2019 – XI ZR 474/18
Am 16.07.2019 wird der XI. Zivilsenat des BGH über die Kündigung von Bausparverträgen entscheiden. Dem Rechtsstreit liegt der folgende Sachverhalt zugrunde:
Der Kläger ist ein eingetragener Verein und nimmt nach seiner Satzung Verbraucherinteressen war. Er begehrt von der beklagten Landesbausparkasse, es zu unterlassen, in ihren „Allgemeinen Bedingungen für Bausparverträge (ABB)“ die untere Kündigungsklausel gegenüber Verbrauchern zu verwenden:
„§ 14 Kündigung des Bausparvertrages, Rückzahlung des Bausparguthabens
(1) … Die Bausparkasse ist berechtigt, einen Bausparvertrag vor Auszahlung des Bauspardarlehens zu kündigen, wenn
a) ….
b) seit dem 1. des Monats, in dem der Bausparvertrag abgeschlossen wurde, mindestens 15 Jahre vergangen sind und die Bausparkasse dem Bausparer mindestens 6 Monate vor Ausspruch der Kündigung ihre Kündigungsabsicht mitgeteilt hat …“
Der Kläger hält diese Kündigungsklausel wegen Verstoßes gegen § 309 Nr. 4 BGB und § 307 Abs. 1, Abs. 2 Nr. 1 und 2 BGB für unwirksam.
Das LG gab der Unterlassungsklage statt. Die Berufung der Beklagten wies das Berufungsgericht zurück. Zur Begründung führte das OLG wie folgt aus:
Die Verwendung der angegriffenen Klausel sei unzulässig. Entgegen der Auffassung des Klägers verstoße die Klausel allerdings nicht gegen § 309 Nr. 4 BGB (Erforderlichkeit einer Mahnung/Fristsetzung). Nicht jede Kündigung erfordere eine vorherige Abmahnung oder eine Abhilfefrist. Dies gelte vielmehr nur in Fällen, in denen ein Teil seine Vertragspflichten nicht erfülle und der andere Teil daraufhin anlassbezogen und nicht ordentlich kündige. Das Kündigungsrecht in den ABB der Beklagten stelle dagegen ein ordentliches Kündigungsrecht dar.
Die Klausel verstoße aber gegen § 307 Abs. 1 Satz 1, Abs. 2 Nr. 2 BGB, indem sie die Überlegungs- und Entscheidungsfrist des Bausparers darüber, ob er das Bauspardarlehen in Anspruch nehme, im Hinblick auf das gesetzliche Leitbild des § 489 Abs. 1 Nr. 2 BGB verkürze und den Bausparer dadurch auch unter Berücksichtigung der berechtigten Interessen der Bausparkasse unangemessen benachteilige.
Zwar sei § 489 Abs. 1 Nr. 2 BGB eine Schutznorm zugunsten des Darlehensnehmers. Die darin statuierte Zehnjahresfrist für die Kündigung eines Darlehens stelle auch keine Mindestfrist dar, so dass Abweichungen zugunsten des Darlehensschuldners möglich seien. Jedoch enthalte diese Vorschrift eine Wertungsentscheidung des Gesetzgebers, die bei der Beurteilung der Frage, ob eine in Allgemeinen Geschäftsbedingungen vereinbarte kürzere Frist den Bausparer unangemessen benachteilige, jedenfalls zu berücksichtigen sei.
Da die vorgenannte Klausel in zeitlicher Hinsicht nicht an die Zuteilungsreife, sondern an den Vertragsschluss anknüpfe, komme eine Kündigung vor Eintritt der Zuteilungsreife in Betracht und ermögliche damit der Beklagten, die Darlehensanwartschaft des Bausparers einseitig zu beseitigen. Hierdurch könne die Beklagte die Vorleistung des Bausparers während der Ansparphase zweckfremd entwerten. Dabei handele es sich allerdings um Ausnahmefälle. Soweit eine Vertragspflichtverletzung des Bausparers die Zuteilungsreife bis 15 Jahre nach Vertragsschluss verhindert habe, sei er nicht schutzwürdig.
Anders verhalte es sich aber, wenn die Parteien eine Abrede dahin getroffen hätten, Regelsparbeiträge auszusetzen und sich dadurch die Zuteilungsreife verschiebe. Ob diese atypischen Fallkonstellationen ausreichten, um die angegriffene Klausel zu Fall zu bringen, könne indes nach Ansicht des OLG dahinstehen.
Allein die Möglichkeit der Beklagten mit Hilfe der Klausel die Überlegungs- und Entscheidungsfrist des Bausparers in der längsten Tarifvariante auf ca. viereinhalb Jahre ab der bei regulärem Verlauf eintretenden Zuteilungsreife zu verkürzen, stelle eine unangemessene Benachteiligung des Bausparers gegenüber der aus § 489 Abs. 1 Nr. 2 BGB erkennbaren Wertungsentscheidung des Gesetzgebers dar.
Insoweit sei zu bedenken, dass der Bausparer bei Vertragsschluss häufig noch keine festen Pläne für den Einsatz des Darlehens habe, weil er nicht sicher vorhersehen könne, wann ihm der Vertrag zugeteilt werde.
Ungeachtet dessen erstrecke sich die Ansparphase regelmäßig über etliche Jahre. Über einen solchen Zeitraum sei keine feste Lebensplanung möglich. Zwar könne sich der Bausparer bei Vertragsschluss einen Plan zurechtlegen, wofür er das Bauspardarlehen verwenden möchte. Ob diese Zielsetzung noch Jahre später fortbestehe und die vorgesehene Maßnahme noch möglich und sinnvoll sei, sei jedoch ungewiss.
Mit ihrer vom Berufungsgericht zugelassenen Revision verfolgt die Beklagte ihren Klageabweisungsantrag weiter. Es bleibt nun abzuwarten, wie der BGH am 16.07.2019 entscheiden wird.
Kategorie: Bank- und Kapitalmarktrecht, 12. Juni 2019
Ansprechpartner:
- Atif Yildirim
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