Baurecht: Kein Werklohnforderung bei mangelhafter Bauleistung und fehlender Abnahmereife

Baurecht: Kein Werklohnforderung bei mangelhafter Bauleistung und fehlender Abnahmereife


Der Fall: 

Der Kläger begehrt als Insolvenzverwalter von der Beklagten den restlichen Werklohn.

Das Landgericht Oldenburg – hat die Klage mit Urteil vom 24.11.2023 – AZ: 5 O 1825/21 abgewiesen. Zur Begründung hat es im Wesentlichen ausgeführt, dass die vom Kläger weiterverfolgte Werklohnforderung des Schuldners nicht fällig sei.

Der Kläger begründet seine daraufhin eingelegte Berufung im Wesentlichen auf § 103 InsO. §103 InsO gibt dem Insolvenzverwalter ein Wahlrecht, einen nicht erfüllten Vertrag noch zu erfüllen oder halt nicht zu erfüllen.

Entscheidet der Insolvenzverwalter für die Nichterfüllung des Bauvertrages soll sich nach teilweise vertretener Ansicht, soll sich das Werkvertragsverhältnis-  unabhängig von der Abnahme oder Abnahmereife-  zu einem fälligen  Abrechnungsverhältnis umwandeln.

Die Entscheidung:

Das OLG Oldenburg hat die Berufung mit Urteil vom 23.04.2024 – 2 U 128/23 abgewiesen.

Das Werk war (unstrittig) weder abgenommen noch abnahmereif, da sie insofern nach ständiger  Rechtsprechung des Bundesgerichtshofes erheblich mangelbehaftet gewesen sei. Selbst wenn der Unternehmer sich an alle Vorgaben des Bestellers hält, ist ein Werk mangelhaft, wenn es im Ergebnis nicht funktionstauglich ist. Beruht dies auf fehlerhafter Planung des Bestellers,  kann der Werkunternehmer sich in diesen Fällen seiner Verantwortung für den Mangel seines Werks nur durch die Erfüllung seiner Prüfungs- und Hinweispflichten entlasten.

Es steht nach den Ausführungen des Sachverständigen fest, dass der Schuldner die unzureichende Ausschreibung/Planung als Fachunternehmer hätte erkennen können und müssen. Unstreitig sind Bedenkenhinweise durch ihn nicht erteilt worden.

Das OLG hat die Entstehung eines Abrechnungsverhältnis allein dadurch, dass der Insolvenzverwalter die Erfüllung des Bauvertrages gem. § 103 InsO ablehnt, im Ergebnis verneint.

Das entscheidende Kriterium für die Annahme eines Abrechnungsverhältnisses nach § 103 InsO  liege darin, dass es dem Unternehmer rechtlich und/oder tatsächlich unmöglich ist, den Anspruch des Bestellers im Wesentlichen mangelfrei zu erfüllen und er damit selbst die Voraussetzungen für eine Pflicht des Bestellers zur Abnahme und damit letztlich die Fälligkeit seines Werklohnanspruchs. Gemessen daran begründe die Wahl der Nichterfüllung des Bauvertrages durch den klagenden Insolvenzverwalter gem. § 103 InsO kein unabhängig von der Abnahme und Abnahmereife die Fälligkeit der Werklohnforderung begründendes Abrechnungsverhältnis.

Nach gefestigter Rechtsprechung hat die Wahl der Nichterfüllung des Vertrages durch den Insolvenzverwalter keine materiell-rechtliche Wirkung, sondern bestätigt nur die durch Eröffnung des Insolvenzverfahrens gesetzlich eingetretene Suspendierung der Hauptleistungspflichten. Diese wirkt nur für die Dauer des Insolvenzverfahrens und schafft ein auf dessen Zeitraum begrenztes Leistungsverweigerungsrecht.

Mit der Aufhebung des Insolvenzverfahrens endet auch die Bindungswirkung des Wahlrechts nach § 103 InsO. Damit ist die Werklohnforderung lediglich rechtlich zeitweise undurchsetzbar.

Auch wenn es tatsächlich sehr unwahrscheinlich ist, dass nach Beendigung eines Insolvenzverfahrens das Vertragsverhältnis fortgesetzt wird, ist es dem Bauunternehmer nicht rechtlich und/oder tatsächlich unmöglich , die Voraussetzungen der Abnahmepflicht des Bestellers herbeizuführen.

Bewertung/ Folgen:

Im Ergebnis dürfte die Entscheidung korrekt sein, da sie die insolvenzrechtlichen Besonderheiten regelkonform und nachvollziehbar mit der Werkvertragssystematik in Einklang bringt.

Das Gericht zeigt im Rahmen eines fast schon mustergültigen Meinungsstreits sehr anschaulich auf, welches unbefriedigende Ergebnis bei einer Annahme eines Abrechnungsverhältnisses erzielt werden würde.

Stellt man für die Bestimmung des Abrechnungsverhältnisses allein auf die Erfüllungsablehnung gem. § 103 InsO ab, würde dies in der logischen Konsequenz bedeuten, dass der Insolvenzverwalter einseitig und eigenmächtig einen Werklohnanspruch herbeiführen könnte.

Mit seiner Entscheidung, den Bauvertrag nicht zu erfüllen, verhält sich der Insolvenzverwalter wie ein Unternehmer, der die Mängelbeseitigung verweigert. Diesem ist es in dieser Konstellation nicht gestattet abzurechnen. Folglich wäre der Anspruch des Insolvenzverwalters in der Konsequenz materiell weitgehender, als wenn kein Insolvenzverfahren anhängig wäre.

Zweck des §103 InsO ist es aber nicht in die Werkvertragssystematik einzugreifen, sondern dem Insolvenzverwalter die Möglichkeit zu geben den Geschäftsbetrieb (neu) zu organisieren und die Auftragslage zu selektieren.

Welche Aufträge sind finanziell lohnend für das Unternehmen? Kann das Unternehmen durch die Erbringung einzelner und die Ablehnung anderer Aufträge möglicherweise saniert werden?

Hier hat der Insolvenzverwalter dann das Wahlrecht zur Erfüllung der werkvertraglichen Ansprüche, wie sie auch der Unternehmer hätte.

Kategorie: Bau- und Architektenrecht, Werkvertragsrecht, 10. Juli 2024



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