Bauvertrag: Unbegrenzte Preiserhöhung wegen gestiegener Materialkosten ist unwirksam

Bauvertrag: Unbegrenzte Preiserhöhung wegen gestiegener Materialkosten ist unwirksam


OLG Zweibrücken, Beschluss vom 13.07.2023 – 5 U 188/22

Wer ein Haus bauen lässt, muss gerade in letzter Zeit oft mit steigenden Kosten rechnen. Doch darf der Bauunternehmer vom vereinbarten Festpreis abweichen und die Preise erhöhen? Das Oberlandesgericht Zweibrücken hat entschieden, dass eine AGB-Klausel in einem Bauvertrag unwirksam ist, wenn sie den Unternehmer berechtigt, die vereinbarte Vergütung wegen Materialpreissteigerungen einseitig und unbegrenzt zu erhöhen.

Der Fall:

Die Kläger beauftragten die Beklagte im Dezember 2020 mit dem Bau eines Massivhauses zu einem Pauschalpreis von rund 300 000 €. Der Vertrag enthielt eine Klausel, nach der beide Parteien bis zum Ablauf eines Jahres nach Vertragsunterzeichnung an den vereinbarten Preis gebunden waren, wenn innerhalb von drei Monaten nach Vertragsschluss mit den Bauarbeiten begonnen wurde, und die die Beklagte im Umkehrschluss somit berechtigte, den Preis einseitig zu erhöhen, wenn diese Voraussetzungen nicht erfüllt waren und sich die Materialkosten in der Folgenzeit erhöhten. Die Klausel sah jedoch keine Obergrenze für mögliche Abweichungen vom vereinbarten Festpreis vor. Die Beklagte verlangte daraufhin im Juni 2021 eine Nachzahlung von rund 50.000 €, die die Kläger nicht akzeptierten. Die Kläger kündigten den Vertrag und beauftragten ein anderes Unternehmen zu einem höheren Preis. Sie verklagten die Beklagte auf Ersatz der Mehrkosten.

Das erstinstanzlich mit dem Fall befasste LG Kaiserslautern (Urt. V. 14.12.2022 – 2 O 274/22) gab der Klage statt. Hiergegen legte das Bauunternehmen Berufung ein und machte im Wesentlichen geltend, die Errichtung des Hauses zu dem ursprünglich vereinbarten Preis sei für das Bauunternehmen existenzbedrohend und daher unzumutbar gewesen. Das OLG Zweibrücken wies das Bauunternehmen auf die beabsichtigte Zurückweisung der Berufung hin.

Die Entscheidung des Oberlandesgerichts:

Das OLG Zweibrücken gab den Klägern Recht und erklärte die AGB-Klausel für unwirksam. Die Klausel benachteilige die Kläger unangemessen, da sie ihnen das gesamte Kostenrisiko aufbürde. Das Bauunternehmen schuldete die Errichtung des Hauses zum vereinbarten Festpreis. Die Preisanpassungsklausel im Vertrag sei unwirksam. Sie benachteilige die Kunden des Unternehmens unangemessen, da das Unternehmen die vereinbarte Vergütung einseitig durch die Festlegung von Listenpreisen ohne Begrenzung erhöhen könne. Hierauf seien aber gerade die Besteller eines Neubaus in besonderem Maße angewiesen. Häufig sei die gesamte Finanzierung auf den Festpreis ausgerichtet, so dass schon vermeintlich geringfügige Änderungen die Kunden an die Grenzen ihrer Leistungsfähigkeit bringen könnten. Das Unternehmen dürfe die Vertragserfüllung zum ursprünglich vereinbarten Preis auch nicht mit der Begründung verweigern, dass sich die Vertragsgrundlage durch unvorhersehbare Materialpreissteigerungen geändert habe. Denn das Unternehmen habe bei Vertragsschluss die Möglichkeit gehabt, sich gegen dieses Risiko durch eine Klausel abzusichern, die auch die Interessen seiner Kunden ausreichend berücksichtigt hätte.

Die Folgen:

Die Entscheidung zeigt, dass nicht jede Preiserhöhung vom Bauunternehmer akzeptiert werden muss. Insofern sind die vertraglichen Vereinbarungen im Vorfeld genau zu prüfen. Eine AGB-Klausel muss fair und transparent sein und in einem solchen Fall zumindest eine Obergrenze für die Erhöhung enthalten. Andernfalls kann sie unwirksam sein und den Unternehmer an den Festpreis binden.

Kategorie: Bau- und Architektenrecht, Immobilienrecht, Werkvertragsrecht, 22. Februar 2024

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