Beschäftigung von Flüchtlingen in der Pflege – worauf zu achten ist
Nachdem die Zahl der Flüchtlinge in den vergangenen Monaten wieder zurückging, ist die eigentliche Aufgabe und Herausforderung vermehrt in den Fokus der medialen Berichterstattung gerückt:
Wie kann die Integration von Flüchtlingen auf dem Arbeitsmarkt gelingen?
In der von einem fast schon chronischen Personalmangel betroffenen Pflegebranche bietet die aktuelle Situation erhebliche Chancen, das Loch der Personaldecke – wenn nicht in Gänze zu schließen, dann doch zumindest – auszufüllen.
Die vielfach festzustellenden Unsicherheiten sind nicht unbegründet – eine Fehlbeurteilung kann neben einer Geldbuße auch strafrechtliche Konsequenzen zur Folge haben.
1. Aufenthaltsstatus und Arbeitserlaubnis
Vor Unterzeichnung eines Arbeitsvertrags und Aufnahme der Beschäftigung ist zwingend der Aufenthaltsstatus zu klären. Wir unterscheiden:
- Anerkannte Flüchtlingen mit Aufenthaltserlaubnis
- Flüchtlingen mit Aufenthaltsgestattung
- Flüchtlingen mit Duldung
Anerkannte Flüchtlinge mit Aufenthaltserlaubnis sind Menschen, über deren Asylantrag positiv entschieden wurde und die eine Aufenthaltserlaubnis aus völkerrechtlichen, humanitären oder politischen Gründen erhalten haben. Diese Personen haben automatisch eine Arbeitserlaubnis. Unternehmen dürfen anerkannte Flüchtlinge also nach den allgemeinen Regeln beschäftigen. Soweit der Anwendungsbereich der 2. Pflegearbeitsbedingungenverordnung eröffnet ist, haben anerkannte Flüchtlinge wie jeder andere Mitarbeiter auch Anspruch auf den Pflegemindestlohn (derzeit: 9,75 € brutto (West) bzw. 9,00 € brutto (Ost)). Flüchtlinge, die hingegen nicht mit der Pflege der Bewohner versorgt sind, weil sie beispielsweise in der Küche, der Hausmeisterei oder der Verwaltung eingesetzt werden, haben Anspruch auf den allgemeinen gesetzlichen Mindestlohn in Höhe von derzeit 8,50 € brutto.
Asylsuchende mit Aufenthaltsgestattung sind Personen, deren Asylverfahren noch nicht abgeschlossen ist.
Geduldete Menschen sind Personen, deren Asylantrag in der Regel abgelehnt wurde, die aber derzeit nicht abgeschoben werden (können), beispielsweise aus humanitären Gründen. Die Vollziehung ist ausgesetzt.
Asylsuchende und Geduldete haben nicht automatisch eine Arbeitserlaubnis. Sie dürfen in den ersten drei Monaten des Aufenthalts überhaupt nicht beschäftigt werden (absolutes Beschäftigungsverbot).
Geduldete Personen dürfen aber während des absoluten Beschäftigungsverbots einer zustimmungsfreien Beschäftigung nachgehen, wozu etwa die Eingehung eines Berufsausbildungsverhältnis, ein Praktikum zu Weiterbildungszwecken, ein Freiwilligendienst oder die Beschäftigung als Hochqualifizierter zählt.
Die Ausländerbehörde kann für Asylsuchende und Geduldete nach drei Monaten eine Arbeitserlaubnis erteilen. Diese Arbeitserlaubnis berechtigt aber noch nicht zur konkreten Beschäftigung.
Vielmehr muss die Ausländerbehörde für die konkrete Eingehung eines Beschäftigungsverhältnisses die Zustimmung der Bundesagentur für Arbeit einholen. (Hinweis: Der Begriff „Ausländerbehörde“ ist eine reine Funktionsbezeichnung für die kommunal zuständige Stelle. „Ausländerbehörde“ in Nordrhein-Westfalen ist beispielsweise in kreisfreien Städten die Stadt und in kreisangehörigen Gemeinden der Kreis.)
Die Bundesagentur für Arbeit prüft, ob die Arbeitsbedingungen nicht ungünstiger als für inländische Arbeitnehmer sind.
Auch führt die Bundesagentur für Arbeit in der Regel die nicht selten als bürokratische Jobverhinderung kritisierte Vorrangprüfung durch. Dabei prüft die Bundesagentur für Arbeit, ob die Stelle nicht durch einen Deutschen, EU-Staatsbürger oder anderen ausländischen Staatsbürger mit einem dauerhaften Aufenthaltsstatus besetzt werden kann. Die Vorrangprüfung entfällt u.a. für Asylsuchende und Geduldete, die seit 15 Monaten ununterbrochen in Deutschland leben, für Asylsuchende und Geduldete, die eine anerkannte Ausbildung für einen sogenannten Engpassberuf nach der Positivliste der Bundesagentur für Arbeit haben – dazu gehören regelmäßig examinierte Pflegefachkräfte!
Nach vier Jahren Aufenthalt muss die Bundesagentur für Arbeit bei der Entscheidung der Ausländerbehörde überhaupt nicht mehr beteiligt werden.
Eine betriebliche Berufsausbildung (duale Ausbildung) können Asylsuchende ab dem vierten Monat und Geduldete, sofern kein Arbeitsverbot vorliegt, ab der Erteilung der Duldung beginnen, sofern die Ausländerbehörde dies erlaubt. Für den konkreten Ausbildungsplatz muss wiederum bei der Ausländerbehörde eine individuelle Beschäftigungserlaubnis beantragt werden.
Besonderheiten für Geduldete: Die Ausländerbehörde kann die Duldung für die Aufnahme einer qualifizierten Berufsausbildung zunächst für ein Jahr erteilen. Wenn die Berufsausbildung fortdauert und in einem angemessenen Zeitraum mit ihrem Abschluss zu rechnen ist, sollen die Ausländerbehörden die Duldung für jeweils ein Jahr verlängern. Der Auszubildende muss die qualifizierte Berufsausbildung vor Vollendung des 21. Lebensjahres aufnehmen und darf nicht aus einem sicheren Herkunftsstaat stammen. Nach erfolgreichem Abschluss einer Berufsausbildung können Geduldete eine befristete Aufenthaltserlaubnis erhalten, sofern sie eine ihrem Abschluss entsprechende und für ihren Lebensunterhalt ausreichend bezahlte Stelle finden.
In Betracht kommt bei Asylsuchenden oder Geduldeten unter anderem auch eine Einstiegsqualifizierung (§ 54a SGB III). Diese bietet Arbeitgebern die Möglichkeit, Fähigkeiten und Fertigkeiten über einen Zeitraum von 6 bis 12 Monaten im täglichen Arbeitsprozess kennenzulernen. Arbeitgeber können so potentielle Auszubildende an eine Ausbildung in ihrem Betrieb heranführen, wenn sie aktuell noch nicht in vollem Umfang für eine Ausbildung geeignet oder lernbeeinträchtigt und sozial benachteiligt sind. Dem muss die Ausländerbehörde zustimmen. Eine Zustimmung der Bundesagentur für Arbeit ist nicht erforderlich, jedoch muss die Förderung der Einstiegsqualifizierung vor Beginn bei der örtlichen Agentur für Arbeit beantragt werden. Voraussetzung ist darüber hinaus der Abschluss eines Vertragsverhältnisses, in dem insbesondere die Inhalte der Qualifizierungsmaßnahme definiert und die Vergütung festgelegt werden.
Merke: Wer einen Drittstaatenangehörigen beschäftigt, muss für die Dauer der Beschäftigung eine Kopie des Aufenthaltstitels oder der Bescheinigung über die Aufenthaltsgestattung oder über die Aussetzung der Abschiebung des Ausländers in elektronischer Form oder in Papierform aufbewahren (§ 4 Abs. 3 Aufenthaltsgesetz).
2. Anerkennung des ausländischen Abschlusses
Wer in Deutschland als Altenpfleger ohne Einschränkung tätig sein will, benötigt hierzu eine staatliche Erlaubnis. Erst die Erlaubnis berechtigt dazu, die entsprechende Berufsbezeichnung zu führen und den Beruf des Altenpflegers auszuüben. Mit einem im Ausland erworbenen Abschluss kann der Flüchtling die Anerkennung seines Abschluss in Deutschland beantragen. Im Rahmen des Verfahrens überprüft die zuständige Stelle die Gleichwertigkeit des Abschlusses mit dem entsprechenden deutschen Abschluss.
Entsprechendes gilt für die Zulassung der Ausübung des Berufs Altenpflegehelfer.
3. Arbeitsvertragliche Gestaltung
Es empfiehlt sich, zunächst lediglich befristete Verträge abzuschließen oder den Arbeitsvertrag unter die auflösende Bedingung eines Wegfalls der Arbeitserlaubnis oder des Aufenthaltsrechts zu stellen.
Sie haben Fragen? Wir beraten Sie gerne.
Hinweis: Der Begriff „Flüchtling“ wird hier weit verwendet und beschränkt sich nicht auf die rechtliche Definition des Begriffs nach der Genfer Flüchtlingskonvention.
Kategorie: Arbeitsrecht, Pflege & Recht, 26. Juli 2016
Ansprechpartner:
- Peter Sausen
- Bernd Wonschik
- Matthias Ecks
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