BGH: Bei Falschangaben zur Berechnungsmethode – keine Vorfälligkeitsentschädigung!
Bundesgerichtshof (BGH)
Urteil vom 28.07.2020 – XI ZR 288/19
Der XI. Zivilsenat des BGH hat entschieden, dass der Darlehensgeber den Anspruch auf eine Vorfälligkeitsentschädigung nach § 502 BGB verliert, wenn in einem Verbraucherdarlehensvertrag die Angaben zur Berechnungsmethode der Vorfälligkeitsentschädigung fehlerhaft sind. Der Verstoß berührt jedoch nicht den Beginn der 14-tägigen Widerrufsfrist.
Der Entscheidung lag ein Streit über den Widerruf eines Verbraucherdarlehensvertrags zugrunde. Der Kläger erwarb im März 2016 einen gebrauchten Pkw. Der über die geleistete Anzahlung hinausgehende Kaufpreis sollte durch ein im selben Monat abgeschlossenes Darlehen mit gebundenem Sollzinssatz finanziert werden. In dem Darlehensvertrag war unter dem Punkt „Vorzeitige Rückzahlung des Darlehens“ Folgendes geregelt:
„Im Falle der vorzeitigen Darlehensrückzahlung kann der Darlehensgeber eine Vorfälligkeitsentschädigung verlangen. Die Vorfälligkeitsentschädigung beträgt 1 Prozent bzw., wenn der Zeitraum zwischen der vorzeitigen und der vereinbarten Rückzahlung geringer als ein Jahr ist, 0,5 Prozent des vorzeitig zurückgezahlten Betrags. Ist die so ermittelte Vorfälligkeitsentschädigung höher als die Summe der noch ausstehenden Zinsen, wird diese Summe als Vorfälligkeitsentschädigung berechnet.“
Der Kläger erklärte mit Schreiben vom 03.08.2017 den Widerruf seiner Willenserklärung zum Darlehensvertragsabschluss. Die Vorinstanzen wiesen seine Klage ab.
Die Revision blieb ebenfalls erfolglos. Der XI. Zivilsenat des BGH entschied, dass kein wirksamer Widerruf des verbundenen Allgemeinen-Verbraucherdarlehensvertrages vorliegt. Nach Ansicht des Gerichts informierte die Beklagte ordnungsgemäß über das Widerrufsrecht.
Die Angaben zur Berechnungsmethode der Vorfälligkeitsentschädigung seien zwar nicht ordnungsgemäß erteilt worden. Da die Klausel zum Nachteil des Verbrauchers von der Vorschrift des § a.F. abweiche, sei sie nichtig. Nach BGB§ a.F. könne der Darlehensgeber im Fall der vorzeitigen Rückzahlung des Darlehens eine angemessene Vorfälligkeitsentschädigung für den unmittelbar mit der vorzeitigen Rückzahlung zusammenhängenden Schaden verlangen. Dieser könne geringer sein als die in BGB§ a.F. vorgesehenen Kappungsgrenzen. Davon weiche die Beklagte zum Nachteil des Klägers aber ab, indem sie die Vorfälligkeitsentschädigung von vornherein starr in der Höhe der gesetzlichen Höchstbeträge bemesse. BGB
Der Verstoß berühre allerdings nicht den Beginn der Widerrufsfrist von 14 Tagen. Für das Anlaufen der Widerrufsfrist sei zwar grundsätzlich maßgebend, dass die vorgeschriebenen Angaben vollständig und inhaltlich zutreffend erteilt werden. Im Falle fehlender oder nicht vollständiger Angaben habe der Gesetzgeber zur Vermeidung eines „ewigen“ Widerrufsrechts dem Unternehmer ermöglicht, fehlende oder unvollständige Pflichtangaben durch eine einseitige Erklärung nachzuholen, um nachträglich die Widerrufsfrist in Gang zu setzen
Von diesem Regelungskonzept sei dann eine Ausnahme zu machen, wenn die Nachholung einer fehlenden oder unvollständigen Pflichtangabe nicht sinnvoll sei und für einen Verstoß eine anderweitige – wirksame, verhältnismäßige und abschreckende – Sanktion bestehe. Dies sei bei einer unzureichenden Angabe zur Berechnung der Vorfälligkeitsentschädigung der Fall, weil der Anspruch des Darlehensgebers auf eine Vorfälligkeitsentschädigung dauerhaft ausgeschlossen sei und durch die Nachholung der ordnungsgemäßen Angabe nicht wiederaufleben würde. Der Ausschluss des Anspruchs auf eine Vorfälligkeitsentschädigung stelle eine wirksame, verhältnismäßige und abschreckende Sanktion i.S.d. Art. 23 Verbraucherkreditrichtlinie dar.
Die Erteilung einer ordnungsgemäßen Pflichtangabe zur Berechnungsmethode der Vorfälligkeitsentschädigung sei demnach dann bedeutsam, wenn der Darlehensgeber beabsichtige, den Anspruch auf eine Vorfälligkeitsentschädigung geltend zu machen.
Kategorie: Bank- und Kapitalmarktrecht, 27. Oktober 2020
Ansprechpartner:
- Atif Yildirim
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