BGH: Kein Verlust der Eigenschaft als Verbraucher bei Optierung der Umsätze aus Vermietung oder Verpachtung
Bundesgerichtshof (BGH)
Urteil v. 3.3.2020 – XI ZR 461/18
Der XI. Zivilsenat des BGH hatte in dem vorgenannten Rechtsstreit über die Abgrenzung Verbraucher/Unternehmer im Lichte des Umsatzssteuerrechts zu entscheiden. Der BGH stellte fest, dass, solange die Vermietung oder Verpachtung keinen planmäßigen Geschäftsbetrieb erfordert und es sich deshalb um eine private und nicht um eine berufsmäßig betriebene Vermögensverwaltung handelt, der Vermieter oder Verpächter, der einen Darlehensvertrag schließt, seine Eigenschaft als Verbraucher i.S.d. Verbraucherdarlehensrechts nicht dadurch verliert, dass er für die Umsätze aus Vermietung oder Verpachtung nach dem Umsatzsteuergesetz (UStG) zur Umsatzsteuer optiert.
Die Parteien in dem hiesigen Verfahren stritten um die Wirksamkeit des Widerrufs eines Verbraucherdarlehensvertrags. Die Parteien schlossen einen Darlehensvertrag mit einem festen Nominalzinssatz. Der Darlehensvertrag war mit der Überschrift „Darlehen mit anfänglichem Festzins mit dinglicher Sicherheit für private Zwecke und für Existenzgründung“ versehen. Die Mittel aus dem Darlehensvertrag waren zur Finanzierung des Kaufs und der Sanierung einer Immobilie bestimmt, aus der der Kläger langfristig Mieteinnahmen erwirtschaften wollte und später erwirtschaftete. Wegen der Mieteinnahmen optierte der Kläger zur Umsatzsteuer. Die Parteien beendeten den Darlehensvertrag vorzeitig. Der Kläger leistete eine „Vorfälligkeitsentschädigung“. Er widerrief sodann seine auf den Abschluss des Darlehensvertrags gerichtete Willenserklärung.
Die erste und die zweite Instanz gaben der auf Erstattung der „Vorfälligkeitsentschädigung“ gerichteten Klage weitestgehend statt. Auf die Revision der Beklagten führte der BGH wie folgt aus:
Rechtsfehlerfrei sei das Ergebnis des Berufungsgerichts, der Kläger habe den Darlehensvertrag als Verbraucher geschlossen, so dass ihm grundsätzlich ein Widerrufsrecht gem. § 495 Abs. 1 BGB zugestanden habe.
Der Kläger habe nach den zu § 13 BGB entwickelten höchstrichterlichen Grundsätzen nicht als Unternehmer, sondern als Verbraucher gehandelt. Zu Recht habe das Gericht entscheidend auf den Umfang der mit der Immobilienverwaltung verbundenen Tätigkeiten abgestellt und dabei die geringe Zahl und unbestimmte Dauer der langfristig angelegten Mietverhältnisse sowie den geringen Aufwand bei deren Verwaltung berücksichtigt. Seine Würdigung, dass diese Tätigkeiten insgesamt nicht das Bild eines planmäßigen Geschäftsbetriebs vermittelten, sei aus Rechtsgründen nicht zu beanstanden. Die Option zur Umsatzsteuer für aus der Vermietung und Verpachtung eines Grundstücks erzielte Umsätze lasse weder unwiderleglich noch widerleglich vermuten noch begründe sie ein Indiz dafür, der Vermieter oder Verpächter habe den Darlehensvertrag als Unternehmer geschlossen.
Die Option zur Umsatzsteuer nach dem UStG setzt voraus, dass die Umsätze aus der Vermietung und Verpachtung von einem „Unternehmer“ i.S.d. Umsatzsteuergesetzes generiert werden. Wer umsatzsteuerrechtlich „Unternehmer“ ist, bestimmt § 2 UStG. Der „Unternehmer“ i.S.d. § 2 UStG ist als zentraler Rechtsbegriff des Umsatzsteuerrechts autonom ohne Rückgriff auf andere Definitionen in anderen Rechtsvorschriften, wie etwa in § 14 BGB, auszulegen. Nach der Rechtsprechung des Bundesfinanzhofs umfasst der Begriff auch die private Vermögensverwaltung durch die Vermietung und Verpachtung von Grundstücken.
§ 13 BGB und § 14 BGB stehen aber in einem anderen Regelungszusammenhang. Sie befassen sich mit der Frage, unter welchen Voraussetzungen bei dem Abschluss privatrechtlicher Rechtsgeschäfte eine besondere Schutzbedürftigkeit einer der an diesem Rechtsgeschäft beteiligten Parteien im Verhältnis zur anderen Partei besteht. Für diese Abgrenzung von Verbraucher und Unternehmer ist höchstrichterlich seit langem anerkannt, dass die Vermietung und Verpachtung von Grundstücken, soweit sie allein der privaten Vermögensverwaltung dient, die Qualifikation des Vermieters oder Verpächters als Verbraucher nicht hindert.
Erfordert demnach die Vermietung oder Verpachtung keinen planmäßigen Geschäftsbetrieb und handelt es sich deshalb um eine private und nicht um eine berufsmäßig betriebene Vermögensverwaltung, verliert der Vermieter oder Verpächter, der einen Darlehensvertrag schließt, seine Eigenschaft als Verbraucher i.S.d. Verbraucherdarlehensrechts nicht dadurch, dass er auf der Grundlage des Unternehmerbegriffs des Umsatzsteuerrechts für die Umsätze aus Vermietung oder Verpachtung nach dem UStG von Fall zu Fall zur Umsatzsteuer optiert.
Kategorie: Bank- und Kapitalmarktrecht, 09. Juni 2020
Ansprechpartner:
- Atif Yildirim
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