Bußgelder gegen ungeimpfte Pflegekräfte?
Ist das Ihr Ernst, Herr Minister Lauterbach?! Gesundheitsämter kündigen an, in strenger Anwendung der Bußgeldregelungen des Infektionsschutzgesetzes Bußgelder gegen Mitarbeitende in Pflegeeinrichtungen zu verhängen, die ihren Einrichtungen nicht bis spätestens 15.03.2022 ihren vollständigen Impfstatus, einen gültigen Genesenennachweis oder ein Kontraindikationsattest vorgelegt haben. Dies augenscheinlich in Abstimmung mit dem Bundesgesundheitsministerium.
An dieser Stelle soll ausdrücklich nicht diskutiert werden, ob die partielle Impfpflicht für in Pflegeeinrichtungen Tätige in der Gesamtbetrachtung sinnvoll oder gar verfassungswidrig ist. Ebenfalls unkommentiert sollen die teils bemerkenswerten Äußerung aus einzelnen Bundesländern zur Umsetzung der partiellen Impfpflicht in der Pflege bleiben. Einer kritischen Betrachtung bedarf hingegen die vollmundige Bußgeldankündigung der Gesundheitsämter und Landesbehörden.
Diverse Gesundheitsämter und Landesbehörden haben in den letzten Tagen erklärt, die Personen, die auf Aufforderung nach Meldung durch die Einrichtungen keinen Nachweis gem. § 20a IfSG zu ihrem vollständigen Impfstatus, einen gültigen Genesenennachweis oder ein Kontraindikationsattest vorlegen, mit einem Bußgeld zu belegen. In der Tat enthält der Katalog des § 73 IfSG in Abs. 1a, 7h eine Bußgeldregelung, nach der ordnungswidrig handelt, wer vorsätzlich oder fahrlässig […] entgegen § 20a Absatz 5 Satz 1 einen Nachweis nicht, nicht richtig, nicht vollständig oder nicht rechtzeitig vorlegt, wobei in diesen Fällen eine Geldbuße von bis zu 2.500 € verhängt werden kann.
So, wie die Option der Anordnung eines Betretungs- und Tätigkeitsverbotes eine Ermessensentscheidung der Behörden ist, handelt es sich auch bei der vorgenannten Bußgeldregelung um eine „Kann-Regelung“. Mithin haben die Behörden zwingend nach Ermessen zu entscheiden. Dies abgesehen davon, dass bereits im Rahmen einer sinnigen Auslegung der Bußgeldregelung der Anwendungsbereich auf Verstöße gegen Auflagen und Mitwirkungspflichten beschränkt werden kann, wenn nicht sogar beschränkt werden muss. Die Gesundheitsämter und Landesbehörden scheinen jedoch angehalten zu sein, „Kante“ zu zeigen. Auf Nachfrage wurde seitens mehrerer Gesundheitsämter und Landebehörden erklärt, dass man tatsächlich beabsichtige, bereits das schlichte Nichtvorhandensein eines Impf- oder Genesenennachweises bzw. eines Kontraindikationsattestes mit einem Bußgeld zu sanktionieren. Dies aber dann nur für Mitarbeitende, die bereits vor dem 16.03.2022 in der Einrichtung tätig sind. Heißt: Eintritt am 13.03.2022 bedeutet Tätigkeitsverbot plus Bußgeld, Eintritt am 17.03.2022 bedeutet „nur“ Tätigkeitsverbot.
Es ist dringend erforderlich, dass dieses angekündigte Behördenhandeln durch unmissverständliche Weisungen der zuständigen Ministerien unterbunden wird. Wie soll man einer ungeimpften Pflegekraft erklären, dass zur Aufrechterhaltung der Bewohnerversorgung auf ein Tätigkeitsverbot verzichtet, gleichzeitig aber ein Bußgeld gegen sie verhängt wird. Kurzsichtiger, untauglicher und letztlich auch geringschätzender kann Behördenhandeln kaum noch sein. Und bei alledem kommt hinzu, dass neben dem Care-Bereich auch massiv der Non-Care-Bereich betroffen sein wird.
Kategorie: Arbeitsrecht, Pflege & Recht, 18. Februar 2022
Ansprechpartner:
- Peter Sausen
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