Die interne Meldestelle nach dem Hinweisgeberschutzgesetz
„Whistleblowing“ Nach langer Verzögerung trat am 02. Juli 2023 das Hinweisgeberschutzgesetz in Kraft. Zentrales Element ist die verpflichtende Einrichtung einer unternehmensinternen Meldestelle für Unternehmen mit mehr als 49 Mitarbeitenden. Die Meldung von Rechtsverstößen im Unternehmen wird erleichtert und insbesondere die Hinweisgeber werden zukünftig umfassend geschützt. Dabei sind einige Spielregeln zu beachten.
Das Hinweisgeberschutzgesetz (HinSchG) ist die Umsetzung der europäischen Whistleblower Richtlinie in deutsches Recht. Das Gesetz zielt darauf ab, Personen, die im Rahmen ihrer beruflichen Tätigkeit Informationen über straf- und bußgeldbewehrte Rechtsverstöße in Unternehmen erlangen, zu schützen und ihre Rolle als „Whistleblower“ / Hinweisgeber zu stärken. Im Kern geht es um die Frage: Wer darf „was – wie – wann – gegenüber wem“ melden? Das HinSchG legt die Bedingungen fest, unter denen eine Person sich als Hinweisgeber betätigen darf. Eine zentrale Voraussetzung ist, dass die hinweisgebende Person die Information zu einem straf- und bußgeldbewehrten Rechtsverstoß im Kontext ihrer beruflichen Tätigkeit oder im Vorfeld einer solchen erlangt hat. Dies kann beispielsweise der Fall sein, wenn eine Pflegekraft in einer Pflegeeinrichtung relevante Missstände, wie beispielsweise BtM-Verstöße beobachtet. Voraussetzung ist stets, dass sich die (straf- und bußgeldbewehrten) Verstöße auf das Unternehmen oder eine andere Stelle beziehen müssen, mit dem oder mit der die hinweisgebende Person selbst in beruflichem Kontakt steht.
Die unternehmensinterne Meldestelle
Unternehmen mit mehr als 49 Mitarbeitenden sind nach dem HinSchG verpflichtet, eine unternehmensinterne Meldestelle einzurichten und zu betreiben. Es muss ein sicheres Hinweisgebersysteme zur Entgegennahme anonymer Meldungen eingerichtet werden, wobei die unternehmensinterne Meldestelle auch auf einen externen Dienstleister ausgelagert werden kann. Das gilt für Unternehmen ab 250 Mitarbeitenden bereits seit dem 02.07.2023, sofort nach Inkrafttreten des Gesetzes. Allerdings kann es erst seit dem 01.12.2023 zu Sanktionen kommen, wenn die interne Meldestelle (noch) nicht eingerichtet wurde. Für Unternehmen mit 50 bis 249 Mitarbeitenden ist eine Einrichtung der internen Meldestelle seit dem 17.12.2023 verpflichtend. Unternehmen mit weniger als 50 Mitarbeitenden sind nicht verpflichtet, interne Meldestellen einzurichten. Dennoch können solche Unternehmen freiwillig Meldestellen schaffen, um von den Vorteilen einer frühzeitigen Erkennung und Behebung interner Missstände zu profitieren. Die Implementierung des Hinweisgeberschutzes ist zweifellos eine Herausforderung, bietet aber auch die Chance, eine Kultur der Transparenz und des Vertrauens zu schaffen.
Unternehmen sind bei der Gestaltung der internen Meldestelle grundsätzlich frei und können diese auch auf entsprechende Dienstleister auslagern. Es gibt jedoch einige zwingende Anforderungen die in jedem Fall zu beachten sind. So muss sichergestellt werden, dass keine unberechtigten Personen Zugriff auf die Hinweise haben. Der Gesetzestext des HinSchG sieht vor, dass Meldekanäle eingerichtet werden, die Meldungen in mündlicher oder in Textform ermöglichen. Mündliche Meldungen müssen per Telefon oder mittels einer anderen Art der Sprach-übermittlung möglich sein. Auf Ersuchen der hinweisgebenden Person ist für eine Meldung innerhalb einer angemessenen Zeit eine persönliche Zusammenkunft mit einer für die Entgegennahme einer Meldung zuständigen Person der internen Meldestelle zu ermöglichen. Obgleich das Gesetz Meldekanäle für Meldungen in mündlicher oder Textform vorsieht, ist davon auszugehen, dass beide Meldewege, also mündlich und in Textform möglich sein müssen. Die mit der Bearbeitung der Meldungen betrauten Mitarbeiter (es müssen mehrere sein, um auch bei Krankheitsausfällen etc. agieren zu können) sind zu schulen, damit sie eingehende Meldungen bearbeiten und die Kommunikation mit dem Hinweisgeber sowie geeignete Folgemaßnahmen sicherstellen können. Nur so ist ein ordnungsgemäßer Betrieb der internen Meldestelle möglich. Wird die gesetzlich vorgeschriebene interne Meldestelle nicht eingerichtet oder nicht betrieben, droht dem Unternehmen ein Bußgeld von bis zu € 20.000.
Aufgaben der internen Meldestelle
Hauptaufgaben der internen Meldestelle sind die Bestätigung des Eingangs der Meldung, die Überprüfung, ob es sich um einen durch das HinSchG geschützten Verstoß handelt, die Prü-fung der Stichhaltigkeit der Meldung und der Kontakt mit der hinweisgebenden Person. Des Weiteren prüft die interne Meldestelle die Ergreifung angemessener Folgemaßnahmen. Ge-gen hinweisgebende Personen gerichtete Repressalien (Kündigung, Versagung einer Beför-derung o.ä.) sind untersagt und führen zu Schadenersatz. Wenn einem intern gemeldeten Ver-stoß nicht abgeholfen wurde, bleibt es der hinweisgebenden Person unbenommen, sich an eine externe Meldestelle als Meldestelle des Staates zu wenden.
Verfahrensablauf bei internen Meldungen nach § 17 HinSchG
- Bestätigung Eingang der Meldung (spätestens nach sieben Tagen).
- Prüfen, ob Verstoß in den sachlichen Anwendungsbereich fällt.
- Kontakt halten mit der hinweisgebenden Person.
- Prüfen der Stichhaltigkeit der Meldung.
- Ersuchen um weitere erforderliche Informationen.
- Ergreifen angemessener Folgemaßnahmen z.B. interne Untersuchung; Verweisung an zuständige Behörde; Einstellung.
- Rückmeldung bei der hinweisgebenden Person spätestens drei Monate nach Bestätigung des Eingangs der Meldung.
Beteiliung des Betriebsrates
Da die unternehmensinterne Meldestelle gesetzlich vorgeschrieben ist, besteht bei der Frage des „Ob“ einer Meldestelle kein Mitbestimmungsrecht des Betriebsrates, der MAV oder eines Personalrats. Auch die Entscheidung über die Auslagerung der Meldestelle unterliegt nicht der Mitbestimmung. Grundsätzlich ist der Betriebsrat nach § 80 Abs. 1 BetrVG über die geplante Implementierung eines Meldesystems zu informieren. Zu beachten sind die Mitbestimmungs-rechte bei der Einführung und Anwendung technischer Einrichtungen mit Eignung zur Leis-tungs- oder Verhaltensüberwachung.
Schutz des Arbeitgebers vor Falschmeldungen
Arbeitgeber müssen hinreichend vor der Gefahr von Falschmeldungen geschützt werden. Die hinweisgebende Person ist daher zum Ersatz des Schadens verpflichtet, der aus einer vorsätzlichen oder grob fahrlässigen Meldung oder Offenlegung unrichtiger Informationen ent-standen ist. Zudem droht ihr in diesen Fällen ein Bußgeld von bis zu € 20.000.
Kategorie: Arbeitsrecht, Hinweisgeberschutz, 04. Dezember 2023
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