EuGH stärkt Urlaubsanspruch bei Verfall und Verjährung
EuGH Urteil vom 22.09.2022, Az.: C-518/20 u.a.
Der Europäische Gerichtshof hat in drei Fällen, die das Bundesarbeitsgericht zur Vorabentscheidung vorgelegt hatte, entschieden, dass der Urlaubsanspruch in bestimmten Konstellationen nicht verfällt bzw. verjährt.
Az. C-518/20 und C-727/70:
In diesen beiden Fällen stellte sich die Frage des Verfalls des Urlaubsanspruchs bei Krankheit. Die jeweiligen Kläger machten geltend, dass sie einen Anspruch auf bezahlten Urlaub für das Kalenderjahr haben, in welchem sie aus gesundheitlichen Gründen vollständig erwerbsminderungsfähig / arbeitsunfähig waren.
Grundsätzlich gilt, dass bei Krankheit der Urlaubsanspruch spätestens 15 Monate nach Ende des Urlaubsjahres verfällt. Aufgrund dessen lehnten die jeweiligen Arbeitgeber die geltend gemachten Urlaubsansprüche ab. In der Vorabentscheidung wollte das Bundesarbeitsgericht vom EuGH wissen, ob der Urlaubsanspruch auch dann nach 15 Monaten verfallen darf, wenn der Arbeitgeber seine Pflichten nicht erfüllt hat, also den Arbeitnehmer nicht dazu aufgefordert hat, den Urlaub zu nehmen bzw. ihn auf den Verfall hingewiesen hat.
Der EuGH stärkte die Rechte der Arbeitnehmer. Zwar kann der Urlaub nach 15 Monaten durchgehender Arbeitsunfähigkeit verfallen. ABER: Bei einem Eintritt der Arbeitsunfähigkeit im laufenden Urlaubsjahr kommt nach dem EuGH ein Verfall für den Urlaubsanspruch aus diesem Jahr nur dann in Betracht, wenn der Arbeitgeber zuvor über den Urlaubsanspruch unterrichtet hat. Wie oft und wann der Arbeitgeber den Arbeitnehmer zu unterrichten hat, entschied der EuGH dabei nicht. Eine abschließende Entscheidung des Bundesarbeitsgerichts wird im Dezember dieses Jahres erwartet.
Az. C-120/21:
In dem dritten Fall, den der EuGH im Rahmen einer Vorabentscheidung zu prüfen hatte, machte die Klägerin Urlaubsabgeltung geltend. Es ging um den Urlaub aus den Vorjahren, den die Klägerin nach eigener Aussage wegen des hohen Arbeitsaufwands nicht nehmen konnte. Ihr Arbeitgeber argumentierte, dass die Urlaubsansprüche nach der im Zivilrecht üblichen Frist von drei Jahren verjährt seien.
Auch in diesem Fall stärkte der EuGH die Rechte der Arbeitnehmer und entschied, dass der Anspruch von Beschäftigten auf bezahlten Urlaub zwar grundsätzlich einer dreijährigen Verjährung unterliegen könne, allerdings nur wenn der Arbeitgeber dafür gesorgt hat, dass der Arbeitnehmer seinen Urlaubsanspruch tatsächlich wahrnehmen konnte und den Arbeitnehmer auf den möglichen Verfall des Urlaubs hingewiesen hat.
Quelle:Urteil des EuGH; Redaktion beck-aktuell, 22.09.2022; Otto-Schmidt News, Arbeitsrecht/Sozialrecht, 22.09.2022
Kategorie: Arbeitsrecht, 23. September 2022
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