News Bau- und Architektenrecht: Anspruch auf Restwerklohn in Höhe des Umsatzsteuerbetrages trotz eingetretener Festsetzungsverjährung
Der Fall:
Auf Klägerseite steht der Insolvenzverwalter einer Baufirma, die in den Jahren 2008 und 2009 von der Beklagten, einer Bauträgerin, beauftragt wurde. Die Bauträgerin beauftragte die Insolvenzschuldnerin unter Einziehung der VOB/B mit der Erbringung von Tiefbauarbeiten und Arbeiten zur Freiflächengestaltung an einem Bauvorhaben.
In den Jahren 2009 und 2010 führte die Beklagte für die erbrachten Bauleistungen Umsatzsteuer an das Finanzamt ab.
Die Rechnungen der Insolvenzschuldnerin enthielten den Zusatz „Leistungsempfänger ist Schuldner der USt. Gemäß § 13 Abs. 1 Nr. 4 UstG“.
2013 entschied der Bundesfinanzhof, dass aufgrund ergänzender Vertragsauslegung unter bestimmten Umständen einem Bauunternehmer bei einem Bauvertrag ein Anspruch auf Zahlung von Restwerklohn in Höhe des Umsatzsteuerbetrages zustehe. Dies sollte dann der Fall sein, wenn Bauträger die erbrachten Leistungen für die Bebauung eigener, zur Veräußerung vorgesehener Grundstücke verwenden. Als Begründung wird die Gefahr einer Inanspruchnahme durch das Finanzamt angeführt.
Die Bauträgerin verweigerte die Zahlung. Sie behauptete, es habe keine Inanspruchnahme der Baufirma gedroht mit Blick auf die eingetretene Festsetzungsverjährung.
Das LG gab der Klage statt. Das OLG sprach der Baufirma einen Freistellungsanspruch zu, woraufhin der Kläger Revision einlegte.
Die Entscheidung:
Der BGH hob das Urteil des OLG auf.
Der Anspruch auf Zahlung des Restwerklohns stehe einem Bauunternehmer bei einem Bauvertrag aufgrund ergänzender Vertragsauslegung unter bestimmten Voraussetzungen zu.
Die Voraussetzungen seien dann erfüllt, wenn die Vertragsparteien übereinstimmend von der Steuerschuldnerschaft des Bauträgers ausgegangen seien und der Bauträger die auf die erbrachten Leistungen entfallende Umsatzsteuer and das Finanzamt abgeführt habe. Außerdem müsse für den Bauunternehmer wegen eines Erstattungsverlangens des Bauträgers die Gefahr entstanden sein, die Umsatzsteuer abführen zu müssen.
Eine später eintretende Festsetzungsverjährung, wegen der es nicht mehr zu einer Steuerfestsetzung kommen könnte, hindere den Anspruch nicht. Es sei nämlich auf den Zeitpunkt des Vertragsschlusses abzustellen, wenn es zu dem für die ergänzende Vertragsauslegung vorzunehmenden Interessensausgleich kommt. Wäre bei diesem eine Festsetzungsverjährung mitbedacht worden, hätten die Parteien eine erhöhte Vergütung vereinbart, um den Umsatzsteuerbetrag zu berücksichtigen.
Die Nichtheranziehung zur Umsatzsteuer solle die ergänzende Vertragsauslegung nicht beeinflussen.
Kategorie: Bau- und Architektenrecht, Werkvertragsrecht, 27. September 2024
Ansprechpartner:
- Atif Yildirim
- Vitalij Strachun
- Lukas Kohl
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