Beschäftigung von Flüchtlingen? Was Arbeitgeber zu beachten haben.

Beschäftigung von Flüchtlingen? Was Arbeitgeber zu beachten haben.


Die Themenbereiche „Flucht“ und „Asyl“ stehen derzeit voll im Fokus. Für Arbeitgeber bieten sich in der jetzigen Situation ausgezeichnete Chancen, auf Personalmangel mit der Einstellung von Flüchtlingen zu reagieren.

Dabei herrscht bei Personalverantwortlichen große Unsicherheit. Darf ein Arbeitgeber Flüchtlinge überhaupt beschäftigen? Eine erste Orientierungshilfe:

I. Was haben Arbeitgeber vor Abschluss eines Arbeitsvertrags hierbei zu beachten?

Bei dieser Frage ist zwischen drei Personengruppen zu unterscheiden.

1. Personengruppe I: Anerkannte Flüchtlinge mit Aufenthaltserlaubnis

Unter diese Personengruppe fallen alle Menschen, über deren Asylantrag positiv entschieden wurde und die eine Aufenthaltserlaubnis aus völkerrechtlichen, humanitären oder politischen Gründen erhalten haben.

  • Die Personengruppe I darf nach den allgemeinen Regeln beschäftigt werden. Es sind demnach keine Besonderheiten zu beachten.

2. Personengruppe II: Asylsuchende mit Aufenthaltsgestattung

Das sind Personen, deren Asylverfahren noch nicht abgeschlossen ist;

sowie

Personengruppe III: Geduldete Menschen

Das sind Personen, deren Asylantrag in der Regel abgelehnt wurde, die aber nicht abgeschoben werden können.

  • Die Menschen der Personengruppe II und III (also Asylsuchende und Geduldete) dürfen in den ersten drei Monaten des Aufenthalts überhaupt nicht beschäftigt werden (absolutes Beschäftigungsverbot).
  • Die Ausländerbehörde kann für Menschen der Personengruppe II und III nach drei Monaten eine Arbeitserlaubnis erteilen. Diese Arbeitserlaubnis berechtigt aber noch nicht zur konkreten Beschäftigung.
  • Vielmehr muss die Ausländerbehörde für die konkrete Eingehung eines Beschäftigungsverhältnisses die Zustimmung der Bundesagentur für Arbeit einholen. (Hinweis: Der Begriff „Ausländerbehörde“ ist eine reine Funktionsbezeichnung für die kommunal zuständige Stelle. „Ausländerbehörde“ in Nordrhein-Westfalen ist beispielsweise: in kreisfreien Städten die Stadt und in kreisangehörigen Städten der Kreis.)
  • Die Bundesagentur für Arbeit prüft, ob die Arbeitsbedingungen nicht ungünstiger als für inländische Arbeitnehmer sind.
  • Auch führt die Bundesagentur für Arbeit in der Regel die berüchtigte Vorrangprüfung durch. Dabei prüft die Bundesagentur für Arbeit, ob die Stelle nicht durch einen Deutschen, EU-Staatsbürger oder anderen ausländischen Staatsbürger mit einem dauerhaften Aufenthaltsstatus besetzt werden kann.
  • Die Vorrangprüfung entfällt in folgenden Fällen:  Für Asylsuchende und Geduldete, die seit 15 Monaten ununterbrochen in Deutschland sind; Für Asylsuchende und Geduldete, die eine anerkannte Ausbildung für einen sogenannten Engpassberuf nach der Positivliste der Bundesagentur für Arbeit haben (nähere Infos dazu unter: http://www.make-it-in-germany.com/fileadmin/content/make-it-in-germany/PDF/positivliste_dt.PDF); Für Asylsuchende und Geduldete, die an einer Maßnahme für die Berufsanerkennung teilnehmen; Für Asylsuchende und Geduldete, die Hochschulabsolventen sind und die die Voraussetzungen für eine sog. Blaue Karte EU in Engpassberufen erfüllen
  • Für Hochschulabsolventen, die mind. 48.400 Euro (Gehaltsgrenze wird jährlich angepasst) verdienen und die Voraussetzungen der sog. Blauen Karte erfüllen, muss die Bundesagentur für Arbeit gar nicht zustimmen.
  • Nach vier Jahren Aufenthalt muss die Bundesagentur für Arbeit bei der Entscheidung der Ausländerbehörde überhaupt nicht mehr beteiligt werden.

II. Und wie sieht es bei der Ausbildung aus?

  • Schulische Berufsausbildungen sind für Asylsuchende und Geduldete rechtlich immer möglich und müssen nicht durch die Ausländerbehörde genehmigt werden.
  • Eine betriebliche Berufsausbildung (duale Ausbildung) können Asylsuchende ab dem vierten Monat und Geduldete, sofern kein Arbeitsverbot vorliegt, ab der Erteilung der Duldung beginnen, sofern die Ausländerbehörde dies erlaubt. Für den konkreten Ausbildungsplatz muss wiederum bei der Ausländerbehörde eine individuelle Beschäftigungserlaubnis beantragt werden.
  • Besonderheiten für Geduldete: Die Ausländerbehörde kann die Duldung für die Aufnahme einer qualifizierten Berufsausbildung zunächst für ein Jahr erteilen. Wenn die Berufsausbildung fortdauert und in einem angemessenen Zeitraum mit ihrem Abschluss zu rechnen ist, sollen die Ausländerbehörden die Duldung für jeweils ein Jahr verlängern. Der Auszubildende muss die qualifizierte Berufsausbildung vor Vollendung des 21. Lebensjahres aufnehmen und darf nicht aus einem sicheren Herkunftsstaat stammen. Nach erfolgreichem Abschluss einer Berufsausbildung können Geduldete eine befristete Aufenthaltserlaubnis erhalten, sofern sie eine ihrem Abschluss entsprechende und für ihren Lebensunterhalt ausreichend bezahlte Stelle finden.

III. Sonstige Beschäftigungsformen

  • In Betracht kommt bei Asylsuchenden oder Geduldeten unter anderem auch eine Einstiegsqualifizierung (§ 54a SGB III). Diese bietet Arbeitgebern die Möglichkeit, Fähigkeiten und Fertigkeiten über einen Zeitraum von 6 bis 12 Monaten im täglichen Arbeitsprozess kennenzulernen. Arbeitgeber können so potentielle Auszubildende an eine Ausbildung in ihrem Betrieb heranführen, wenn sie aktuell noch nicht in vollem Umfang für eine Ausbildung geeignet oder lernbeeinträchtigt und sozial benachteiligt sind.
  • Dem muss die Ausländerbehörde zustimmen.
  • Eine Zustimmung der Bundesagentur für Arbeit ist nicht erforderlich, jedoch muss die Förderung der Einstiegsqualifizierung vor Beginn bei der örtlichen Agentur für Arbeit beantragt werden.
  • Voraussetzung ist darüber hinaus der Abschluss eines Vertragsverhältnisses, in dem insbesondere die Inhalte der Qualifizierungsmaßnahme definiert und die Vergütung festgelegt werden.

Hinweis: Der Begriff „Flüchtling“ in der Überschrift und Einleitung ist weit zu verstehen und beschränkt sich nicht auf die rechtliche Definition des Begriffs nach der Genfer Flüchtlingskonvention.

Sie haben Fragen? Wir beraten Sie gerne. Insbesondere holen wir erforderliche Genehmigungen ein und übernehmen die rechtssichere Vertragsgestaltung.

 

Kategorie: Arbeitsrecht, 23. Oktober 2015



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