Teilzeitanspruch nur bei zulässigem Antrag

Teilzeitanspruch nur bei zulässigem Antrag


Teilzeit  –  Voraussetzung für die Reduzierung der Arbeitszeit ist nicht nur das sechsmonatige Bestehen des Arbeitsverhältnisses sowie die Beschäftigung von in der Regel mehr als 15 Arbeitnehmern. Es bedarf auch eines zulässigen Teilzeitantrags. Die Unzulässigkeit eines Teilzeitantrags kann sich aus den Sperrzeitregelungen des Teilzeit- und Befristungsgesetzes zur unbefristeten und befristeten Teilzeit ergeben.

Hessisches Landesarbeitsgericht, Urteil vom 2.12.2024
Az.: 16 GLa 821/24

Arbeitnehmende können nach sechs Monaten des bestehenden Arbeitsverhältnisses die Verringerung der Arbeitszeit verlangen, sofern betriebliche Gründe nicht entgegenstehen und einige weitere Voraussetzungen gegeben sind. Dies folgt aus dem Teilzeit- und Befristungsgesetz (TzBfG). Anspruchsberechtigt sind Vollzeitbeschäftigten und bereits in Teilzeit Beschäftigte. Auf den Grund für den Teilzeitwunsch kommt es nicht an. Das TzBfG unterscheidet zwei unterschiedliche Modelle der Arbeitszeitverringerung. § 8 TzBfG sieht die Möglichkeit einer zeitlich unbefristeten Verringerung in Unternehmen mit in der Regel mehr als 15 Beschäftigten vor. Da diese Verringerung dazu führt, dass eine Rückkehr zu einer längeren Arbeitszeit nur schwer möglich ist, weshalb auch von der „Teilzeitfalle“ gesprochen wird, hat der Gesetzgeber zum 1.1.2019 in § 9a TzBfG die sogenannte „Brückenteilzeit“ eingeführt. Die Brückenteilzeit ermöglicht die zeitlich befristete Reduzierung der Arbeitszeit, um nach Ablauf der Frist wieder zur ursprünglichen Arbeitszeit zurückzukehren. Der Anspruch auf Brückenteilzeit setzt eine Unternehmensgröße von regelmäßig mehr als 45 Beschäftigten voraus. Für Unternehmen mit 46 bis 200 Beschäftigten gibt es Zumutbarkeitsgrenzen. Sie können die zeitlich begrenzte Verringerung der Arbeitszeit ablehnen, wenn eine bestimmte Anzahl von Mitarbeitenden bereits in einer befristeten Teilzeit arbeiten. Beschäftigt ein Unternehmen 200 Mitarbeitende, kann es Anträge auf Brückenteilzeit ablehnen, wenn bereits mindestens 14 Mitarbeitende in Brückenteilzeit beschäftigt sind. Die befristete Reduzierung muss für einen Zeitraum von mindestens einem Jahr, höchstens jedoch für fünf Jahre beantragt werden. Diese zeitliche Eingrenzung soll für Planungssicherheit beim Mitarbeitenden und dem Arbeitgeber sorgen. Über einen Tarifvertrag können hiervon abweichende Regelungen gelten.

Sperrzeiten beschränken Teilzeitansprüche

Für die unbefristete Teilzeit nach § 8 TzBfG gilt, dass der Arbeitnehmer eine erneute Verringerung der Arbeitszeit frühestens nach Ablauf von 2 Jahren verlangen kann, nachdem der Arbeitgeber einer Verringerung zugestimmt oder sie berechtigt abgelehnt hat.

Für die Brückenteilzeit nach § 9a TzBfG gelten verschiedene Sperrzeiten. So kann eine erneute Brückenteilzeit gem. § 9a Abs.5 TzBfG frühestens 1 Jahr nach der Rückkehr zur ursprünglichen Arbeitszeit verlangt werden. Wurde der Antrag auf Brückenteilzeit berechtigt auf Grund entgegenstehender betrieblicher Gründe abgelehnt, kann eine erneuter Antrag auf Brückenteilzeit frühestens nach Ablauf von 2 Jahren gestellt werden. Nach berechtigter Ablehnung auf Grund der Zumutbarkeitsgrenzen kann frühestens nach Ablauf von 1 Jahr nach der Ablehnung erneut Brückenteilzeit verlangt werden. Zudem kann der Arbeitnehmer gem. § 9a Abs.4 TzBfG während der Dauer der Brückenteilzeit keine weitere Verringerung und keine Verlängerung seiner Arbeitszeit verlangen. Was genau mit „weitere Verringerung“ gemeint ist, ist umstritten. Das Hessische Landesarbeitsgericht (LAG) musste sich in seiner Entscheidung vom 2.12.2024 mit eben dieser Frage auseinandersetzen.

Klage auf Teilzeit im unmittelbaren Anschluss an die Brückenteilzeit

Eine Arbeitnehmerin, welche zunächst in Vollzeit beschäftigt war, reduzierte ihre Arbeitszeit im Rahmen einer Brückenteilzeit für zwei Jahre auf 30 Wochenstunden, verteilt auf vier Arbeitstage. Knapp fünfeinhalb Monate vor Beendigung der Brückenteilzeit stellte die Arbeitnehmerin einen weiteren, unbefristeten Teilzeitantrag im Umfang von ebenfalls 30 Wochenstunden, verteilt auf vier Arbeitstage. Die Arbeitgeberin lehnte diesen weiteren Antrag ab. Die Arbeitnehmerin beantragte daraufhin vor dem Arbeitsgericht Darmstadt den Erlass einer einstweiligen Verfügung, gerichtet auf eine Beschäftigung im Umfang von 30 Wochenstunden verteilt auf vier Arbeitstage. Sie vertrat insbesondere die Auffassung, ihr unbefristeter Teilzeitantrag nach § 8 TzBfG sei nicht durch Sperrzeitregelungen des § 9a TzBfG gesperrt. Die Mitarbeiterin argumentierte, dass der Wortlaut des § 9a Abs.4 TzBfG nicht eindeutig sei und sich ausschließlich auf die weitere Reduzierung einer bereits reduzierten Arbeitszeit, nicht aber auf die Verlängerung der Teilzeitphase beziehe. Zudem greife auch § 9a Abs.5 TzBfG nach seinem eindeutigen Wortlaut erst nach Beendigung und nicht bereits während der Teilzeitphase. Entsprechend § 8 Abs.2 TzBfG habe die Arbeitgeberin immerhin drei Monate Zeit, um entsprechende Vorkehrungen in Bezug auf den Ausfall zu treffen. Die Arbeitgeberin hielt dem entgegen, dass der Wortlaut des § 9a Abs.4 und Abs.5 TzBfG dahingehend auszulegen sei, dass bereits während der laufenden Teilzeitphase kein neuer Teilzeitantrag zulässig sei, um dem Planungsinteresse der Arbeitgeberin hinreichend gerecht zu werden.

Klage wurde abgewiesen

Sowohl das Arbeitsgericht Darmstadt in der ersten Instanz, als auch das LAG in der Berufung urteilten zugunsten der Arbeitgeberin. Es wurde entschieden, dass mit „weitere Verringerung“ in 9a Abs.4 TzBfG nicht nur eine nochmalige Verringerung des bereits verminderten Umfangs der Arbeitszeit gemeint ist, sondern auch eine Verlängerung der Dauer einer Arbeitszeitverringerung über das Ende der Brückenteilzeit hinaus. Beide Instanzen räumen ein, dass der Wortlaut des § 9a Abs. 4 TzBfG zweierlei Auslegungsvarianten zulässt. Zum einen kann dieser dahingehend gedeutet werden, dass die reduzierte Arbeitszeit innerhalb der bestehenden Teilzeitphase nicht erneut herabgesetzt oder wieder erhöht werden kann. Andererseits kann der Wortlaut auch nahelegen, dass eine Verlängerung der Brückenteilzeit über die laufende Teilzeitphase hinaus ausgeschlossen ist. Es bedurfte daher einer Auslegung des § 9a Abs.4 TzBfG nicht nur anhand dessen Wortlauts, sondern auch nach Systematik und Zielsetzung. Der systematische Zusammenhang zwischen § 9a Abs.4 TzBfG und § 9a Abs.5 TzBfG spreche dafür, dass eine Verlängerung der Brückenteilzeit während der noch bestehenden Teilzeitphase ebenso ausgeschlossen sein soll wie die weitere Reduzierung der bereits reduzierten Arbeitszeit. Da § 9a Abs.5 TzBfG eine erneute Arbeitszeitverringerung frühestens ein Jahr nach Rückkehr zur ursprünglichen Arbeitszeit vorsehe, sei davon auszugehen, dass die Arbeitnehmerin nach Beendigung der Brückenteilzeit in jedem Fall zunächst wieder im Umfang ihrer ursprünglichen Arbeitszeit arbeiten solle. Dies werde weiter durch den Sinn und Zweck des § 9a Abs.4 und 5 TzBfG gestützt, welcher maßgeblich auf das Planungsinteresse der Arbeitgeberin abziele. Die Arbeitnehmerin könne daher im Ergebnis während der bestehenden Teilzeitphase weder einen zulässigen Antrag auf unbefristete Arbeitszeitreduzierung nach § 8 TzBfG noch einen solchen auf befristete Arbeitszeitreduzierung nach § 9a TzBfG stellen. Nicht relevant sei in diesem Zusammenhang schließlich die Frage, ob die Arbeitnehmerin bereits während der noch laufenden Teilzeitphase einen Antrag auf erneute Arbeitszeitreduzierung beginnend frühestens ein Jahr nach Rückkehr zu der ursprünglichen Arbeitszeit stellen könne.

Planungsinteresse des Arbeitgebers vs. persönliche Belange des Mitarbeitenden

Geht es um die Frage der Arbeitszeitreduzierung, stehen sich die persönlichen Belange der Arbeitnehmer und der Arbeitgeber gegenüber. Der Teilzeitanspruch dient insbesondere der Vereinbarkeit von Beruf und Privatleben der Mitarbeitenden, bekämpft zugleich aber auch die Geschlechterdiskriminierung und soll die Arbeitsmotivation und Zufriedenheit erhöhen. Arbeitgeber sehen sich jedoch zugleich mit der Herausforderung konfrontiert, die betrieblichen Abläufe zu sichern, etwaige Ausfallzeiten und entstehende Mehrkosten zu kompensieren sowie Dienstpläne umzugestalten. Gesetzlich vorgesehene Sperrzeiten, etwa in § 9a Abs.4 und 5 TzBfG, beschränken mithin zwar das grundsätzliche Recht der Arbeitnehmer auf Verringerung ihrer Arbeitszeit, bewegen sich aber im Rahmen des gesetzgeberischen Ermessens und tragen dem arbeitgeberseitigen Planungsinteresse in hinreichendem Maße Rechnung.

Kategorie: Arbeitsrecht, 18. Mai 2025



zurück